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1. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 274

1867 - Rostock : Hirsch
274 städtischen Ämtern. Seit die Hörigen in den Städten frei geworden waren, schlossen sich die Nachkommen der Stüdtegründer und ihrer ritterlichen Dienst- mannen mit den Familien der von jeher Freien zusammen und nahmen die letztern in den Stand der „Patrizier", oder, wie sie sich auch nannten, „der Geschlechter" auf. Sie bildeten einen bevorrechteten Stand , aus welchem allein die städtischen Ämter besetzt wurden. Die früheren Zinspflichtigen be- kamen auch als Freie keinen Antheil an der Ausübung obrigkeitlicher Rechte. Wie die Kaiser es mit den auf ihren Domänen erbauten Städten mach- ten, so machten es die andern Grundherrn, Adel und Geistlichkeit, mit den auf ihrem Grunde liegenden Orten. Durch Schenkung, Kauf oder Gewalt gewannen die Städte eine Menge Gerechtsame, die dem Grundherrn oder dem Kaiser gehört hatten. Einzelne Städte wußten sich so vollständig von ihren Grundherrn loszumachen, daß sie niemanden als den Kaiser über sich erkannten und in ihren Planern das Regiment eben so unabhängig führten, wie die Fürsten in ihren Ländern. Sie hießen „freie Reichsstädte" und hatten das Recht, Abgesandte zum Reichstage zu schicken und dort neben Fürsten und Herren ihre Stimme abzugeben. Die andern Städte, welche, weil sie zu unbedeutend waren, in Abhängigkeit von dem Grundherrn blieben, wurden im Gegensatz gegen jene „Landstädte" genannt. Doch blieb in den meisten der letztern dem Grundherrn nicht viel inehr übrig, als das Recht, einen Richter zu bestellen und die vom Magistrat gewühlten Rathsmitglieder zu bestätigen. Große Gerechtsame konnten in der damaligen Zeit nur mit den Waffen in der Hand geschützt werden. Darum mußten alle Bürger sich im Gebrauche der Waffen üben und stets zum Kampfe gerüstet-sein. Vielleicht sind die Schützenfeste noch Reste von den Wasfenübungen, welche die Bürger zu be- stimmten Zeiten anstellten. Weil in den Städten viele Menschen zusammenwohnten und täglich in nahe Berührung kamen, so entstanden bald Ordnungen und Regeln über Kauf und Verkauf, Scheide und Grenze, Recht und Verwaltung, die später unter dem Namen „das Städterecht" bekannt geworden sind. Es dauerte auch nicht lange, so entstanden unter den Einwohnern kleinere Verbindungen von solchen ^Leuten, die demselben Berufe nachgingen und an einander Halt und Stütze haben wollten. Namentlich waren es die Handwerker, welchesich zu „Zünf- ten" oder „Innungen" zusammenthaten und durch dieselben stark und mächtig wurden. Sie nannten ihre Zunft sehr bezeichnend ein „Amt" und gaben damit zu verstehen, daß sie vor allen Dingen eine Schuldigkeit zu erfüllen hätten, nämlich den Willen Gottes in ihrer Verbindung auszurichten. Deshalb ging ihr erstes Streben dahin, der Zunft einen ehrenvollen Ruf unter den Leuten zu sichern. Jeder mußte das Handwerk regelrecht erlernen und stufenweis vom Burschen zum Gesellen und Meister aufrücken, damit kein Stümper und Pfuscher in der Zunft erfunden werde. Keiner, der unehelich geboren war oder aus einer anrüchigen Familie stammte, wurde als Lehr- bursche „eingeschrieben". Daher konnte sich jeder wandernde Gesell, wo es noth that, darauf berufen, daß er „auch ehrlicher Leute Kind" sei, und durfte sicher darauf rechnen, daß er Glauben finden werde. Wenn ein Meister sich eines Fehltritts schuldig gemacht hatte, so bekam er eine Rüge vom Amt. Wer ein schlechtes Stück Arbeit geliefert, konnte beim Amte verklagt werden und durfte gewiß sein, daß die Zunft keinen Makel auf sich sitzen lassen werde. Alle Einrichtungen der Zunft waren darauf berechnet, daß es unter ihren Mitgliedern wohlanständig und christlich hergehe. Damit der reiche Meister den ärmeren nicht zu Grunde richte, durfte keiner so viele Lehrburschen halten, als er wollte, sondern mußte eine festgesetzte Anzahl inne halten.
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