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1. Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin - S. 297

1867 - Rostock : Hirsch
297 57. Tillys Ende. Von Magdeburg zog Tilly nach Sachsen. Gustav Adolf folgte ihm auf dem Fusse nach. In der Nähe von Leipzig , in derselben Gegend, wo einhundert und zweiund achtzig Jahre später die grosse Völkerschlacht geschlagen wurde, trafen beide Heere auf einander. Nach fünf Stunden schrecklichen Nordens war Tilly gänzlich geschlagen. Nur mit genauer Noth entging er der Gefangenschaft. Achttausend Kaiserliche bedeckten das Schlachtfeld. Die Nachricht von diesem Siege der Schweden bewirkte Muthlosigkeit und Schrecken unter den Katholiken; denn zum ersten Male war der gewaltige Tilly geschlagen. Aber es sollte bald noch schlimmer kommen. Die Sachsen verbündeten sich mit den Schweden und fielen in Böhmen ein , während Gustav Adolf selbst in Baiern vor- drang und München einnahm. Von zwei Seiten marschirten protestantische Heere auf Wien zu und brachten die Kaiserstadt in höchste Gefahr. Um dieselbe Zeit starb der alte Tilly, der ergraute Held, der Sieger in sechs und dreissig Schlachten. Er war ein Mann von rauher Strenge, aber am strengsten gegen sich selbst. Nicht Grausamkeit, sondern sein römischer Glaube und seine Treue gegen den Kaiser trieben ihn zu seiner entsetzlichen Härte gegen die Protestanten. Er ass einfach und mässig, trank nie Wein, verschmähte Geld und Gut eben so wie Titel und Würden und hinterliess nur ein unbedeutendes Vermögen. Der Kaiser verlor in ihm den letzten Feldherrn, auf den er in seiner grossen Bedrängniss sich hätte verlassen können. Gern oder ungern musste er nun nach anderer Hülfe sich umsehen. S8. Gustav Adolfs Tod. Seit Wallenstein aus seinem Amte entlassen mar, lebte er still auf seinen Gütern und kümmerte sich anscheinend gar nicht um das, was in der weiten Welt vorging. Er baute prächtige Schlösser, pflanzte schöne Gärten, legte kostbare Fischteiche an und Hob eifrig den Ackerbau auf seinen weitlüuftigen Besitzungen. Dabei umgab er sich mit königlichem Gepränge. Seine Tafel wurde täglich mit Hundert Schüsseln besetzt , wiewohl er selbst sehr mäßig lebte. Sechszig Edelknaben in Sammet und Golo bedienten ihn. Fünfzig reichgekleidete Hellebardiere bildeten seine Leibwache. Mehrere hundert auserlesene Pferde fraßen in seinen Ställen aus marmor- nen Krippen. Mit besonderer Vorliebe beobachtete er die Sterne des Himmels; denn er hatte den Aberglauben, daß er in denselben sein Schicksal lesen könne. Die Wachen wurden oft von Schauder ergriffen, wenn sie des Nachts den hagern Mann in feuerrothem Mantel, aus dem Kopfe den aufgestützten Hut mit rother Feder, über den Schloßhof nach der Sternwarte wandern sahen, damit er dort mit einem alten Italiener den Lauf der Gestirne beobachte. . Auf diesen Mann, der schon einmal siegreich bis an die Küste der Ostsee vorgedrungen war, richteten sich'jetzt nach Tillys Tode aller Blicke. „Wallenstein," hieß es, „ist der einzige, der noch helfen kann." _ Der Kaiser knüpfte Unterhandlungen mit ihm an. Der Gewaltige that bei der Botschaft seines Herrn anfangs sehr spröde, ließ sich endlich aber doch erbitten, ein Heer zu sammeln und den Oberbefehl zu übernehmen, sobald ihm durch kaiserliches Wort feier- lich folgendes versprochen war: „Wallenstein erhält denoberbefehl über das Heer so völlig, daß auch der Kaiser ihm nichts darein
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