1867 -
Rostock
: Hirsch
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Bürgerschule, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
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eine erkleckliche Masse herauskommen. Aber was verschlügt diese
gegen die ungehenren Massen von Dunst, welche täglich ans Meeren
und Seen und Flüssen, ans Wiesen und Sümpfen, ans Wäldern
und Feldern, ans Gras und Blättern in die Höhe steigen? Hier
sind die eigentlichen Vorrathshänser, ans denen die Luft beständig
ihren Bedarf an Wasserdampf bezieht. Und sie bedarf dessen viel.
Denn sie muß täglich Seen voll Wasser über die Erde ansgießen,
damit die Millionen der Menschen und Thiere und die unzählbare
Menge von Pflanzen Nahrung und Gedeihen finden.
Der Wasserdampf, ehe er als Wasser die Erde tränkt, macht sich
gewaltig breit und läßt nicht leicht einen Tag vorübergehen, ohne in
irgend einem Theile seines großen Hanfes mit Glanz mit) Pracht ein
Fest zu feiern, das von den Menschen bewundert und gepriesen wird.
Er steht als violetter Duft über den Höhen oder als leichter, gold-
durchwirkter Streif am Rande des Himmels; er bildet am Horizont
Gebirge, Schlnchten, Ungeheuer und tausend seltsame Gestalten, die
jede Minute ihr Aussehen wechseln; er schwimmt wie eine große
Insel majestätisch in der blauen Luft, oder flattert als Feder oder
Flocke leichtfertig über unsre Häupter dahin, oder legt sich als
Heiligenschein um Sonne und Mond. Alle Schönheit des Regen-
bogens , des Morgen- und Abend-Himmels verdanken wir den
Dunstblüschen in der Luft. Hat sich der Wasserdampf stark ange-
sammelt, so fliegt er als schwere Wolke, vom Winde gejagt, eilig
und schnell über die Erde hin, gleich als märe er ein Bote, der
aus der Ferne einen Gruß in die Heimath bringen sollte. Endlich
haben die Dampfbläschen sich die Welt sattsam besehen; müde des
unruhigen Treibens kehren sie auf die Erde zurück, bald ruhig und
leise als Thau, Regen, Schnee, bald unter Donner und Butz als
Platzregen und verheerender Hagel.
Die Luft kann mehr Wasserdampf tragen, wenn sie warm,
weniger, wenn sie kalt ist. Hat sie nun etwa eben ihr Theil, d. i.
so viel, als sie nach ihrer augenblicklichen Temperatur fassen kann,
so braucht sie nur ein wenig sich abzukühlen, um nicht mehr dieselbe
Menge wie früher in ihrem Schoße bergen zu können. Also bald
wird ein Theil des Dunstes sich verdichten itnt) als Wasser zur
Erde sinken. Diese Abkühluig kann durch mancherlei Umstände
herbeigeführt werden. Abends nach Sonnenuntergang strahlt die
Oberfläche der Erde einen Theil der Wärme, die sie am Tage auf-
genommen hat, in den Himmelsraum wieder aus und kühlt dabei
oft so stark ab, daß die in den untern Luftschichten befindlichen
Dämpfe sich verdichten und als Wasser auf diejenigen Gegenstände,
welche am meisten abgekühlt sind, niederschlagen. Die Wassertropfen,
welche sich Abends auf Gras und Blätter und junge Pflanzen
niederlassen, nennt man Thau. Es thaut nur, wenn milde Luft
und klarer Himmel ist, ersteres, weil sonst die Pflanzen nicht kühler
werden, als die Luft, letzteres, weil Wolken als ein über die Erde
gespanntes Zelt verhindern, daß die Wärme frei in den Himmels-
raum aufsteige und der Boden sich hinlänglich abkühle.
Sind die Dinge, auf welche sich die Wassertropfen setzen, bis
unter den Gefrierpunkt abgekühlt, so verwandelt sich der Thau in
Eis und wird Reif genannt. Der Winter versteht den Reif mei-
sterhaft zu benutzen, um die Landschaft zauberhaft damit zu schmücken.
Wenn er Gras und Strauch und Zweige mit glimmernder Eishülle
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