1826 -
Berlin
: Dümmler
- Autor: Baumgarten, Johann Christoph Fr.
- Hrsg.: Wilmsen, Friedrich Philipp
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Töchterschule
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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war etwas rauh. Dieß wirkte nachtheilig auf ihren Hals.
Sie erreichte den Garten, in welchem das Fest gefeiert
wurde. Wie erschrack sie, als sie hier ihre Eltern erblickte,
die ihre Freunde, welche sie besuchen wollten, nicht zu
Hause gefunden, und sich entschlossen hatten, in den ge-
dachten Garten zu gehen, und nachzusehen, wie es da zu-
ginge. Vater und Mutter wurden sehr unwillig darüber,
daß Leopoldine gegen das Verbot derselben das Haus ver-
lassen, und sich abermals als ein ungehorsames Kind ge-
zeigt habe. Sie gaben ihr scharfe Verweise, und von der
Mutter bekam sie diesen Tag keinen freundlichen Blick.
Dies schmerzte sie, aber sie litt nicht unschuldig. Überdies
hatte die etwas rauhe Luft ihr Halsübe! verschlimmert,
und in eine große Halsgeschwulst verwandelt. ,^)u selbst
bist Schuld an deinen Schmerzen," sprach der Vater, „so
gehet es, wenn Kinder ihren Eltern nicht folgen. Diese
haben mehr erfahren, und wissen es besser, was der Ju-
gend zuträglich ist; daher ist strenge Folgsamkeit eine der
ersten Pflichten der Kinder." Den Tag darauf war Elise
zu einer Freundinn eingeladen, die ihren Geburtstag feierte.
Auf diesen Besuch hatte sie sich schon seit einigen Wochen
gefreut. „Mutter," sagte sie, als dieser langersehnt
Tag erschien, „heute werde ich jubeln; heute ist ein froher
festlicher Tag für mich." „Liebe Tochter," sprach die Mut-
ter, „ich gönne dir gern jede unschuldige Freude, und ich
hatte nichts dagegen, wenn du heute deine Freundinn Emi-
lie besuchtest, wäre nur deine Schwester gesund. Diese
aber liegt krank, und es wäre wohl gut, wenn du bei ihr blie-
best." Elise wurde bei diesen Worten etwas stutzig. Sie
schwieg, aber es schien ein innerer Kampf mit ihr vorzuge-
hen. Endlich sprach sie: „Du weißt liebe Mutter, wie
herzlich ich Emilien liebe, und wie lange ich mich auf den
heutigen Tag gefreut habe. Aber wenn du glaubst, es sei
besser, daß ich zu Hause bleibe, so will ich es thun. Du
mußt es am besten wissen, was gut ist." Die Mutter zog
Elisen an ihr Herz und gab ihr einen Kuß. „Liebe, gute
Tochter l" — sagte sie, und ihr und Elisens Augen stan-
den in Thränen. Elise blieb zu Hause, obgleich die Mut-
ter späterhin bemerkte, wenn sie auf ein halbes Stündchen
Emiliell besuchen wolle, so wolle sie cs ihr erlauben.