1826 -
Berlin
: Dümmler
- Autor: Baumgarten, Johann Christoph Fr.
- Hrsg.: Wilmsen, Friedrich Philipp
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Töchterschule
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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kümmerte sich weiter um sie. Dieß schmerzte sie tief. Nur
mit Mühe konnte sie die Thränen zurück halten, die sich,
aus Berdruß, in ihr Auge drängten. Die andern Mäd-
chen unterhielten sich trefflich; das eigensinnige Hanncken
aber empfand gar keine Freude. Das machte ihr böser
Eigensinn. Den darauf folgenden Sonntag war abermals
bei einer Bekannten Hannchens, eine Mädchengesellschaft.
Da man befürchtete, Hannchen würde durch ihren Eigen-
sinn das Vergnügen wieder stören, so lud man sie nicht
ein, worüber sie sich nicht zufrieden geben konnte.
Solche unangenehme Vorfälle machten Hannchen auf
ihr eigensinniges Wesen aufmerksam. Sie bemühte sieh,
es abzulegen, und wurde nachgiebiger, milder und sanf-
ter. Jetzt erst war sie ein liebenswürdiges Mädchen. Je-
dermann war ihr gut, und sie selbst konnte sich mehr ach-
ten, als sonst.
Es sei dir nichts so sehr, als Eigensinn verhaßt:
Durch ihn wirst du dir selbst und Andern auch zur Last.
5. Die gute Schwester.
Sabine hatte eine recht herzliehe Liebe zu ihren Schwe-
stern und Brüdern. Wo sie ihnen nur einen Dienst oder
eine Gefälligkeit erzeigen konnte, da that sie es gern und
mit Freuden. Mit ^anftmuth ertrug sie die kleinen Be-
leidigungen derselben, hütete sich aber aufdas Sorgfältigste,
eines von ihrem Geschwister zu kränken, oder ihm wehe zu
thun, und die Eintracht mit ihnen zu stören.
Ihr jüngster Bruder, Philipp, war vier Jahr alt,
als er sehr bösartige Blattern bekam. Seine Augen wa-
ren ihm zugeschworen, Und der ganze Körper wie mit Beu- -
len besäet. Bon dieser Zeit an entfernte sie sich nicht von
ihm, als wenn sie in die Schule mußte, oder ihre Eltern
sie ausschickten. Wahrend seiner Blindheit erzählte sie dem
armen Bruder kleine-Geschichten, die sie gehört oder gele-
sen hatte, oder unterhielt ihn von dem lieben Onkel und
der Tante zu Lindenheim, von ihren Garten, Pferden und
Hunden, und wie Vater und Mutter sich vorgenommen
hatten,^ mit ihnen dahin zu reisen, sobald er wieder ge-
sund wäre. Als er wieder sehen konnte, brachte sie ihm