1865 -
Leipzig
: Amelang
- Autor: Fix, Wilhelm
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
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sich zur zweiten Handelsstadt des Reiches emporgeschwungen hat, in fremde Länder ver-
sandt. Die Hauptstadt von Kurland heißt Mit au, die von Esthland Rewal, ein
wichtiger Kciegshafen, Uebersahrlsort nach Finnland. Letzteres, erst 1810 erworben,
führt als russtzche Provinz den Titel eines Großfürstenthnms und hat zur Haupt-
stadt das lm Süden gelegene, erst in neuerer Zeit erbaute Helsingforö. Ans meh-
reren vorliegenden Stären ist die starke Seefestung Sweaborg angelegt, deren Werke
zum Theil in die Felsen gehauen sino. Die jetzt in Hclsingsors befindnche Universität
wurde 1640 von der schwedischen Königin Christine in Abo lspr. Obo), der ansehn-
lichsten Stadt aus der Westküste begründet. Weiter nördlich liegt Nh st a dt, wo der
nordische Krieg beschlossen worden, und an der schwedischen Grenze Tornea (-oh), in
deren'nähe die Sonne schon an einem Tage des Jahres nicht aus- und an einem
andern nicht untergeht.
Das am Ostende d^ö finnischen Meerbusens gelegene, auch noch zu den Ostsee-
provinzen gerechnete In germana land war bestimmt, die neue Hauptstadt des
Reiches und kaiserliche Residenz in sich aufzunehmen. St. Petersburg, seit wenigen
Jahren durch eine Eiseübahn mit Moskau verbunden, ist auf beiden Usern und einigen
Inseln der Newa erbaut, unweit der Mündung derselben. Dem schlammigen Boren
mußte vielfach durch Einrammen von Pfählen Festigkeit gegeben werden. So un-
günstig die Stadt für die Verwaltung des Reiches liegt, so trefflich ist ihre Lage für
den Verkehr mit den gebildeten Staaten Europa's. Ihre Lolkszahl ist darum in an-
derthalb Jahrhunderten auf 600,000 gewachsen; zugleich ist sie ver Mittelpunkt des
Gewerbfleißes im ganzen Reiche. Fast der zehnte Theil der Einwohnerzahl ist deut-
schen.ursprungs und redet deutsch. An Schönheit und Negelmäßigk.it wird St. Peters-
burg wohl von keiner Stadt der Welt übertroffm. Die Straßen sind meist gerade
und mindestens 40 Fuß breit; d>? Holzpflasterung vermindert daö Geräusch des Ver-
kehrs. Einen herrlichen Anblick gewähren die meilenlangen Uferstraßen (Quai'ö) an
der Newa. Hier finden sich dir großartigsten Prachtgebände, der gewaltige Winter-
palast, vor dem die aus einem einzigen Granitblock gearbeitete Alezandersäule errichtet
ist, die Admiralität mit den^Borrathshäusern für die Flotte u. a. Auf dem Peters-
platze steht die kolossale Bildsäule Peters de« Großen; die im Innern mit
Marmor und Jaspis belleivete Jsaalökirche, deren Kuppel von riesigen Granit-
säulen getragen wird, ist von größter Schönheit. — In der Umgegend von St. Peters-
burg liegen verschiedene Lustschlösser, z. V. Zarökojc-Selo, d. h. Ezaarendorf.- Am
Ausfluß der Newa aus dem Ladogasee findet sich die kleine Festung Schlüsselburg.
Ungleich wichtiger ist die aus einer Insel des finnischen Meerbusens ans Gr mitdlöcken
erbaute Seefestnng Kronstadt, der sih, wie cs auch noch der l.ctzle K.ieg bewiesen
hat, kaum ein Feind zu nahen wagt. Narwa (an dem gteichnailllgeil Ausflüsse dev
Peipussee'v) ist als Schlachtort schon genannt.
142. Daö asiatische Rußland.
Jenseit des Uralgebirges liegt das asiatische Nußland oder Sibirien,
— ein ungeheures Land, das fast anderthalb mal so groß als Europa ist
und Ungefähr ein Drittel des ganzen Erdtheils Asien einnimmt, dessen
Nordstreifen es bildet. Dabei beläuft sich aber die Einwohnerzahl nur auf
etwa Z Millionen.
In seiner ganzen Ausdehnung grenzt Sibirien an das nördliche Eis?
meer, in welche diele große Halbinseln und Landzungen hinausragen und in
welchem auch die gänzlich unbewohnte Inselgruppe Neusibirien liegt.
Mit dem Ostkap stößt Sibirien an die V e hring s str aße, die das nörd-
liche Eismeer mit dem großen Ocean verbindet. Die dem letzter» angehö -
rigen Meere von Kamtschatka und von Ochotzk, beide durch die große
Halbinsel Kamtschatka von einander getrennt, bilden die Ostgrenze des
Landes. Mächtige Gebirgsketten ziehen sich an seiner Südseite hin. Die-
selben breiten sich im großen und kleinen Altai geb ir ge am meisten
aus und haben hier eine ähnliche Beschaffenheit, wie die Alpen in der