1865 -
Leipzig
: Amelang
- Autor: Fix, Wilhelm
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
282
Schweiz. Die Thäler sind zum Theil von See'n ausgefüllt, unter denen
besonders der langgestreckte Baikalsee zu merken ist. Weit nach Osten
ziehen sich die Ketten des da-urischen Gebirges hinüber, aus denen
endlich-die bedeutenden Höhen hervorgehen, welche die Grundlage der Halb-
insel Kamtschatka bilden. Im Innern ist dieselbe vulkanisch; die Südspitze
ist das Cap Lopatka.
Mächtige Ströme, — der Ob mit dem Ir tisch, der Je ui sei mit der
aus dem Vaikalsee abfließenden Angara und die Lena, — wenden sich von
diesen Gebirgslandschaftey nach Norden. Niedrigere Höhenzüge, wie z. B.
das altaische Erzgebirge, begleiten sie noch auf einer langen Strecke,
und schließen manche fruchtbare, zum Getreidebau wohlgeeignete Landschaft
ein; dann aber treten die Flüsse in eine Tiefebene, deren ungeheure
Moore und Sümpfe fast das ganze Jahr hindurch mit Schnee und Eis be-
deckt sind. Menschen finden sich nur wenige in diesen traurigen Wüsteneien;
nur einige Stämme mongolischer Abkunft, die Samojeden, Jakuten,
T ung use n, Ts chuktsehen u. a. fristen hier .durch die Jagd auf wilde
Nennthiere und Bären oder durch den Fischfang ihr kümmerliches Dasein.
Sind aus einer Gegend die Thiere verscheucht, die ihnen zur Nahrung dienen,
so folgen sie ihnen in eine andere; von festen Wohnsitzen ist keine Spur bei
ihnen zu finden. Auch auf den Höhen des südlichen Sibiriens tritt der Win-
ter mit zu großer Strenge auf, als daß eine zahlreiche Bevölkerung sich'voiy
Anbau des Bodens ernähren könnte. Wichtiger ist der Bergbau auf Kupfer
und edle Metalle, der im Altai betrieben wird. Die Hauptbeschäftigung der
Bewohner ist aber auch hier die Jagd auf Zobel, Hermeline, Füchse und
andere Pelzthiere. Die meisten dieser Thiere werden von den Sträflingen
erlegt, welche die russische Negierung in großer Zahl — alljährlich wohl
10,000 — nach Sibirien verbannt und denen die Verpflichtung auferlegt ist,
zu bestimmten Zeiten eine festgesetzte Anzahl von Thierfellen abzuliefern.
Selbst vornehme Russen mußten aus ihren stolzen Palästen in die Verban-
nung wandern und diese Verpflichtungen auf sich nehmen, wenn sie ihre
Strafe nicht noch verschärft sehen wollten. In Tobolsk, der an der Mün-
dung des Tobol in den Jrtisch gelegenen Hauptstadt von Westsib i rien,
wird alles an die Negierung abgelieferte Pelzwerk in großen Niederlagen ge-
sammelt. Mit dem europäischen Rußland steht diese Stadt in einem sehr leb-
haften Handelsverkehr. Omsk am Jrtisch wird denjenigen Sträflingen zum
Aufenthaltsort angewiesen, die sich durch leichtere Vergehen die Verbannung
zugezogen haben. Weit gefürchteter als Verbannungsort ist B eresow ain
Ob, wo Fürst Menzikoff starb, der sich unter Peter dem Großen vom Pa-
stetenbäckerlehrling zu den höchsten Würden emporgeschwungen hatte. Var-
naul und Ko lywan sind die Mittelpunkte des mit großem Erfolge betrie-
benen Bergbau's auf edle Metalle. Irkutsk an der Angara, nicht weit
von deren Ausfluß aus dem.baikalsee/die Hauptstadt von Ostsibirien,
hat eine schöne und gesunde Aage in einer fruchtbaren Landschaft. Das noch
weiter nach Süden gelegene Kiächta war bis vor Kurzem der wichtigste
Platz für den Handel mit China; doch hat sich Rußland in neuerer Zeit auch
am Flusse Amur über Nertschinsk hinaus weiter ausgebreitet, so daß
der Verkehr in Zukunft vielleicht eine andere Richtung nimmt. An der mitt-
lern Lena-, im Lande der Jakuten, ist Jakutsk zu merken, wo die russisch-