1865 -
Leipzig
: Amelang
- Autor: Fix, Wilhelm
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
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tauschten 1610 Salbei in China gegen Thee aus; der Salbei schmeckte den
Chinesen nicht besonders, um so besser aber den Holländern der Thee.
Noch später gelangte dieser durch die ostindische Compagnie nach Eng-
land. Zur Verbreitung des Theetrinkens trugen im 17. Jahrhundert auch die
Jesuiten bei, die auf ihrer Mission in China den Gebrauch annahmen. Die
niedlichen porcellanenen Theegeschirre mit den buntgemalten Vögeln und
Blumen trugen jedenfalls auch das Ihre zur Verbreitung des neuen Ge-
tränkes in der vornehmen Welt bei, sowie endlich dessen theurer Preis.
Jetzt wird in England am meisten Thee getrunken, und es kommen dort
auf jeden Einwohner im Durchschnitt alljährlich anderthalb Pfund; dann
in Holland und im kalten Bussland, weniger schon im Norden von Frank-
reich und Deutschland, und noch viel weniger, je mehr es von da nach
dem warmen Süden zu geht, wo — der Wein wächst.
Der gesammte europäische Theedurst wird mit dem Aufguss von 60
Millionen Pfund gelöscht, der nordamerikanische bedarf 10 Millionen, wäh-
rend auf den Osten von Asien 450 Millionen Pfund nicht zu viel gerechnet
sein werden.
Es würden wahrscheinlich etliche Tassen weniger getrunken werden,
wenn die Europäer und Amerikaner den Thee wie ihre chinesischen Lehr-
meister gemessen sollten, ohne Zucker nämlich und ohne Milch, von an-
dern! Zubehör ganz abgesehen. Und wie gerühmt auch die Eigenschaften
des Getränkes sein mögen, wie heiss es sprudeln und dampfen mag in
allen Theekesseln der alten und neuen Welt und wie süss und fein duften
in den vielen Tausenden vergoldeter und unvergoldcter Tassen, so hat doch
dieses Alles noch nicht ausgereicht, auch nur einen einzigen andern Dich-
ter, als den ehemaligen chinesischen Kaiser Kien-Long zu einem Lobge-
dichte auf den Thee zu begeistern, während doch schon der geringste
Wein in Dutzenden von Gesängen verherrlicht wird. —
Der chinesische Theestrauch ist unserer Myrthe verwandt. Im wilden
Zustande erreicht er eine Höhe von 10—12 Fuss; pflanzt man ihn an, so
wird er durchschnittlich 5 bis fi, ja oft nur 2 bis 8 Fuss hoch Er verästelt
sich von unten an und ist ganz mit glänzenden, dunkelgrünen Blättern be-
deckt, die denen unserer Sauerkirschen gleichen. Die grossen, schön weissen,
i cd och nur schwach duftenden Blumen kommen einzeln aus den Blattwin-
keln und haben einige Achnlichkeit mit wilden Rosen. Die Blätter werden
dreimal im Jahre eingesammelt; die ersten und zartesten gehen den besten
Thee (Kaiserthee). Das Trocknen geschieht auf doppelte Weise; entweder
in eisernen Pfannen, die über ein gelindes Ofenfeuer gesetzt werden, oder
in Sieben, die von heissen Dämpfen durchzogen werden. So sollen die beiden
Hauptarten des Thee’s entstehen, der grüne und der schwarze. Die ge-
trockneten Blätter werden in Kisten von Holz oder Blei verpackt, da der
Thee nur in wohlverschlossenen Gelassen seinen Duft behält, oder er wird
nach Vermischung mit Ochsen- und Schafblut, Fett u. dgl zu Kuchen ge-
formt, wodurch der im nördlichen Asien sehr verbreitete Ziegelthee ent-
steht. Im südwestlichen China wird der Thee auch zu Kugeln zusammen-
geballt (Kugel thee).
174. Reis und Mais.
Der Ueis, die vorzüglichste Getreideart der heißen Zone, wird nir-
gends mehr wildwachsend gefunden; indessen stammt er mnthmaßlich ans
Ostindien oder von den Snndainseln und hat sich von hier in alle die Ge-