1808 -
Innsbruck
: Wagner
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
zur Beförderung guter Gesinnungen rc. 87
Lotte sah durch das Fenster, und ins» Minchen, des
Nachbars Tochter gehen.
Das arme Minchen! sprach sie; ihr Vater har keine
Bienen, und kann ihr keinen Honig auf Semmeln strei-
chen. Liebe Mutter! willst du Nachbars Minchen nicht
auch ein Paar Semmeln mit Honig geben?
Das ist recht, mein Kind, sprach die Mutter, gab
ihr die Semmeln mit Honig, und Lotte trug sie zu Min-
chen. Was für eine Freude das Mädchen hatte! Wie
sielottchen dankte! Und nun schmeckte Lottchen ihr Ho-
nig noch einmal so gut.
4z. Der Fischteich.
^)err Herbst hatte einen Teich, in welchem viele Kar-
pfen und Schleien waren. Wenn er nun seinen Kindern
eine Freude machen wollte, so gieng er mit ihnen an
den Teich; jedes nahm ein Stück schwarzes Brod mit,
und dann brachen sie davon, warfen es in das Wasser,
und die Fische schnappten es weg. Da saßen sie nun
oft eine Stunde lang, und sahen zu, wie die Fische auf
und ab schwammen, die Käfer, die im Wasser leben,
hin und her fuhren, hier und da ein Frosch den Kopf
aus dem Wasser steckte, und — husch! — wieder hin-
unter war, wenn ihm ein Kind zu nahe kam.
Da wünschten die Kinder nun oft: wenn ich nur
einmal so du Thier fangen, und in der Nähe sehen könn-
te. Herbst ließ es aber nie zu, daß ein Kind darnach
greifen durfte. War dieß wohl recht? Ich glaube
wohl. Ein Kmd ist kein Frosch und kein Fisch, die im
Wasser leben. Wenn eines von ihnen in das Wasser
fiele, so wäre es aus mit ihm.
Einmal sprach auch Herr Herbst: wollen wir nach
dem Teiche gehn? Ja! ja! riefen alle, und zogen
fröhlich mit ihn» fort. Bernhard sprang voraus,
und kam zuerst bei dem Teiche an. Kaum war er
da, so drehete er sich um, und rief den andern Kin-
dern zu: Karl! Hanne! Lotte! der Vater macht
einen Spaß! kommt geschwind herbei! Da lief alles,
was^ laufen konnte. Tausend! was war da! Das
Wasser war aus dem Teiche abgelassen, und auf dem