1827 -
Leipzig
: Vogel
- Autor: Thieme, Karl Traugott, Dolz, Johann Christian
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
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Empfinden: Erfahren.
Erfahrung gelernt. K. Weil man sie selbst em«
Pfunden hat? — Das verstehe ich auch nicht.
V. Liebes Kind: Empfinden heißt eben das, was
Du sehen, hören, riechen, fühlen, schmecken nen,
nest. Du empfindest durch den Geschmack, wenn
Du Etwas schmeckst; durch das Gesicht, wenn Du
Etwas siehst u. s. w. Wenn Du diese fünf Sinne
nicht hattest, so würdest Du gar nichts lernen kön»
nen. Es gibt Unglückliche Menschen, welche taub
zur Welt kommen. Diese hören gar keinen Schall,
folglich auch keine Menschenrede; lernen daher auch
selbst nicht reden, sondern bleiben stumm. Denk
einmal, wie wenig diese Menschen lernen werden,
da sie weder mit Jemandem reden noch Schrift lesen
können. Wer blind ist, bekommt keine Vorstellung
von Licht, von Farbe, von Gestalt, sondern er lebt
in beständiger, dicker Finsterniß. Wem der Ge,
schmack fehlt, der kennt keinen Unterschied zwischen
Süß und Sauer. Ihm ist es ganz einerlei, ob er
Wasser oder Wein trinkt; denn er fühlt zwar die
Speisen und Getränke auf der Zunge; aber er
schmeckt sie nicht. Da Du aber, so lange Du
lebst, gut gesehen, gehört und empfunden hast:
hast Du auf diese Art nicht schon viele Dinge ge,
lernt? K. Ich wüßte nichts) V. Wolltest Du Del,
nen Finger wohl ins brennende Licht halten? K.
Nein) das will ich nicht thun. V. Warum nicht?
K. Ich würde mich brennen und das thut weh.
V. Woher weißt Du das? K. Ich hab's gefühlt,
da mir einmal der brennende Wachsstock auf die
Hand fiel. V. Du weißt es also darum, weil