1867 -
Altenburg
: Bonde
- Autor: ,
- Hrsg.: Runkwitz, Karl
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
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lein Zu Berg und Thal; er bricht in ihre Keller ein und trinkt aus goldnen
Becherlein immer neuen süßen Wein. Dann füllt mit feinem Mehl er jede
Hand und baut zu Hause Kammern, Wand an Wand. Die Kammern füllt
er dann mit süßem Most und sorgt im Sommer für des Winters Kost, und
wäre Jedermann so arbeitsam, als er, so gäb's im Lande keine Bettler mehr.
' Da antwortete der Knabe und sprach: Der kleine Soldat ist das
Bienlein, und das giftige Spießlein ist sein Stachel; der Gesang aber ist
das Summen und das Zelt der Bienenkorb. Die schönen Schlößlein sind
die Blumen, die Keller die Blumenkronen, die Becher die Blumenkelche, und
der Wein ist der süße Saft darin. Das Mehl hingegen ist der feine Blüthen-
staub, und die Hände sind des Bienleins Füße; die Kammern sind die
Wabenzellen, und der Most, das ist der Honig, welchen das Bienlein aus
den Blumen sammelt und auf den Winter spart.
Recht so, sprach der Müller; aber wenn du so ein Räthselmeister bist,
so gib Jedem am Tisch auch ein Räthsel auf, und wer das seine nicht erräth,
muß dir ein Stück von seinem Abendbrot geben!
Da fing der Knabe bei dem Ackerbuben an und sprach: Ein weißes
Täubchen federlos flog auf ein Bäumlein blätterlos; da kam ein Sperber
schnabellos und fraß das Täubchen federlos.
Zur Magd sprach der Knabe: Ich kenne den besten Koch; dennoch
dingte ihn kein Herrscher noch. Er kochet alles ohne Würze auf's Beste und
in größter Kürze. Er nahm noch niemals einen Lohn und diente doch dem
Esau schon.
Zum M a h l k n e ch t e: Ein Felsenschlößlein, grün und rund, steht hoch
auf schmalem, weichem Grund. Vier Brüder schlafen drin verschlossen, du
hast schon oft ihr Blut vergossen. Sie fangen an sich erst zu regen, wenn
sie 'ne Zeit im Bett gelegen; dann brechen sie mit' einem Speer das
Schlößlein auf von innen her.
Zur Müllerin: Wie heißt die große ferne Stadt, die viele tausend
Lampen hat? Ihre Straße glänzt im Strahlenschein, doch führt sie zu
keinem Thor hinein; und Einem erst gelang es ehmals nur, daß er hinein
mit Roß und Wagen fuhr.
Und zu dem Müller sprach der Knabe: Wie heißt das Saatkorn,
das der Barmherzige in eine Handbreit mageren Grundes säet, das, wenn
es auch noch so klein ist, hoch auf zum Himmel sprießt und dem Barmherzigen
zur Zeit der Ernte goldne Ähren trägt?
Als der Knabe bei Allen herum war, sah ein Jeder das Andere an
und sprach: Ich weiß das meine nicht! und Eins nach dem Andern gab
das Rathen auf und schenkte dem Knaben ein Stück von seinem Abendbrote.
Der Müller und die Müllerin lächelten gegen einander; denn sie verstanden
ihre Räthsel. Darnach sprach der Müller zu dem Knaben: Du hast deine
Sache gut gemacht, und wenn du brav sein und arbeiten magst, so will
ich mich deiner annehmen. Und der Knabe blieb von der Stunde an bei
dem Müller und erwuchs zu einem rechtschaffenen Manne.
16. Räthsel.
Verfertigt ist's vor langer Zeit, doch meistenteils gemacht erst
heut'; gar lieb und werth ist's seinem Herrn, und dennoch hütet's
Niemand gern.