1867 -
Altenburg
: Bonde
- Autor: ,
- Hrsg.: Runkwitz, Karl
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
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Wenn ich rund um mich schau, fester ich Gott vertrau.. Kleider
und Speise und Trank gibt Gott für schönen Dank. Blick in die Au!
Gott, Gott vertrau!
Wenn ich die Menschen schau, fester ich Gott vertrau. Reicher,
als Vögelein, reicher, als Fischelein, als Blumen der Au, Mensch, Gott
vertrau!
33. Ein dankbares Herz.
Ein Edelmann in den Niederlanden war durch den Krieg in große
Armuth gerathen und lag an Händen und Füßen lahm von der Gicht
in einem Dachstüblein und hatte Niemand als eine alte Ausläuferin, die
sich des Tages zwei- oder dreimal nach ihm umschaute. Und als er
zuletzt auch von seinem alten Rittermantel die goldenen Spangen, Haken
und Schnüre verkaufen mußte, gerieth er in schwere Sorgen. An dem-
selben Tage noch kam ein unbekannter Mann an sein Bett, der wie ein
Diener eines großen Herrn aussah und stumm schien, weil er weder mit
einem Worte grüßte, noch auf .eine Frage Antwort gab, sondern jedesmal
seinen Finger fest auf die Lippen drückte, womit er andeuten wollte, daß
ihm sein Mund verschlossen sei. Der hatte ein schneeweißes Damasttuch
an den vier Zipfeln in der Hand und in dem Tuche eine silberne Schüssel,
die er mit der Speise darin auf das Tischlein neben dem Bette stellte,
worauf er wieder ging, ohne zu sagen, woher oder wohin. Der Edel-
mann verwunderte sich sehr, noch mehr aber, als der Mann auch am
folgenden Tage und ferner die ganze Woche und endlich die etlichen
Jahre wieder kam, die der Edelmann noch lebte, und einen Mittag wie
den andern eine volle Schüssel brachte und die leere dagegen holte. Es
ist nicht auszusprechen, welch herzliches Verlangen der Edelmann hatte,
seinen unbekannten Wohlthäter kennen zu lernen und ihm zu danken, so
daß er endlich zu dem Diener sprach: Sagt Euerm Herrn, daß mein
Ende nahe ist, daß ich aber nicht ruhig sterben kann, ich habe denn zuvor
meinem Wohlthäter die Hand gedrückt und mich bedankt. Da nickte der
alte Diener beifällig mit dem Kopfe, und noch denselben Abend erschien
der Erzherzog Albrecht an dem Bette des Edelmanns, der die Hand seines
Wohlthäters mit Dankesthränen benetzte und etliche Stunden darauf
fröhlich von hinnen schied.
Uns Menschenkindern aber ist der Wohlthäter nicht unbekannt, der
uns so viele Jahre her aus seiner Küche eine Schüssel um die andre
zugeschickt, vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten gegeben und unsre
Herzen erfüllet hat mit Speise und Freude. Und doch ist es manch einem
zu viel, zu einem Tischgebet seinen Kopsdeckel zu rücken.
34. Sprüchwörter.
Das Herz ist die Quelle, die Zunge ist die Einne. — Zunge und
Herz sind nur eine Spanne weit von einander. — "Wessen das Herz
ist angefüllt, davon der Mund sprudelt und überquillt. — Wüste«* Maul,
wüstes Herz; wüstes Herz, wüstes Maul. — Wer über sich haut, dem
fallen die Späne in die Augen. — Unverdienter Fluch trifft nicht. —
Wo du hörest hohe Schwüre, steht die Lüge vor der Thüre. — Ein
Mann, ein Wort.