1870 -
Altenburg
: Bonde
- Autor: Runkwitz, Karl
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
212
ist mein Bruder, ich gedenke ihn ohne besondere Noth nicht zu be-
leidigen, und ich will ihn ziehen lassen." — Und zu derselben Zeit
kam ein Büchsenschütze zu dem Kurfürsten und sprach zu ihm, wenn
es dem Kurfürsten also gefiele, so wolle er sicherlich und mit einem
Schusse den Herzog Wilhelm im Lager und in seinem Zelte er-
schießen. Da rief ihm der Kurfürst zu: „Schieß, wie du willst, triff
nur meinen Bruder ^icht!"
Solche treuherzige Rede kam bald zu Herzog Wilhelms Ohren
und bewegte ihn also, daß er seinem Bruder Heil und Glück zum
Gegengrusfe entbieten ließ. Nun lag zwischen den beiden Heeren
eine Stelle, die war hoch, daß man sie weithin sehen konnte. Daher
ritten sie Angesichts ihrer Völker nahe an einander, alsdann näherten
sie sich noch weiter und gaben sich die Hände, und endlich umarmten
sie sich. Also entsagten sie dem vorigen Hasse und kehrten zu
brüderlicher Eintracht zurück, und Herzog Wilhelm bat seinen Bruder,
bei ihm zu Weißenfels über Nacht zu bleiben, und that ihm gar
gütlich, und sie waren freundlich mit einander.
Als nun der Friede zwischen den Fürsten aufgerichtet war, da
bat Kurfürst Friedrich seinen Bruder, daß er mit sammt seinen
Grafen und Ritterschaft Fastnacht mit ihm zu Leipzig halten wollte
in brüderlicher Freundschaft. Das sagte Herzog Wilhelm zu. Etliche
von seinen Räthen warnten ihn aber, er sollte sich nicht dahin be-
geben, denn es würde ihm gewißlich nach dem Leben gestellt werden.
Darauf antwortete der Herzog: „Ihr sollt mit mir dahin ziehen;
ist es so, daß ich sollte hinterlistig erwürgt werden, so soll es mir
doch lieb sein, daß ich euch erst sehe vor meinen Augen hinwürgen,
da ihr diesen Krieg zwischen mir und meinem Bruder habt anrichten
helfen und die ihr mit euerm Anreizen verhindert habt, daß derselbe
eher gestillt würde." — Auf derselben Fastnacht waren die Fürsten
oft allein im Rathe bei einander und schieden in brüderlicher Treue
und Liebe von einander.
237. Kurfürftin Margarethe.
Kurfürstin Margarethe war die Gemahlin Friedrichs des Sanft-
müthigen und ist die Stammmutter sämmtlicher sächsischer Fürsten-
häuser. Sie war eine geborne Erzherzogin von Ostreich, eine
Schwester des Kaisers Friedrich Iii. Nach dem Tode ihres Gemahls
(7. Septbr. 1464) lebte sie vorzugsweise auf dem Schlosse zu
Altenburg, das ihr nebst Stadt und Pflege Altenburg mit allen
Regierungsrechten zum Witthum angewiesen worden war. Sie starb
auf diesem Schlosse im 70. Lebensjahre und liegt in der Schloß-
kirche nahe an den Stufen, welche jetzt zum Altarplatze führen,
begraben. Das Grabmal besteht in einer großen viereckigen Metall-
platte, auf welcher eine weibliche Figur in Lebensgröße und Witt-
wentracht, den Witwenschleier um das Haupt, in der rechten Hand
den Rosenkranz, dargestellt ist. Sie ist eine fromme,' gottesfürchtige
Fürstin gewesen, an welcher die Stadt und Pflege Altenburg die