1870 -
Altenburg
: Bonde
- Autor: Runkwitz, Karl
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
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Zeit kehrt der Kranke gekräftigt in sein Hans zurück in dankbarer
Erinnerung an die Gesundheit verleihende Quelle.
Entdeckt wurde der Gesundbrunnen im Jahre 1666 und mit
heilsamer Wirkung angewandt; 1713 wurde er neu eingefasst,
verlor aber nach und nach seinen Ruf wieder. Erst durch Herzog
Friedrich Ui. kam das Bad wieder zu Ansehen. Er besuchte es
in den Sommermonaten der Jahre 1768, 1769 und 1770 mit er-
wünschtem Erfolg,und ihm verdankt dieser Heilquell die ansehn-
lichen Gebäude und die schönen Anlagen ün der ohnehin von der
Natur überaus begünstigten Gegend. Festlichkeiten aller Art ver-
herrlichten des Herzogs Anwesenheit daselbst, zumal als 1769 sein
Neffe, der Herzog von Glocester, aus England einige Tage dort mit
ihm und mehrern andern hohen Gästen verlebte.
276. Die Leuchtenburg.
Hoch und steil ist der Berg, welcher die Leuchtenburg mit ihren
Thürmen und Gebäuden trägt, und von welchem sie in das schöne
Saalthal herabschaut, und vortrefflich ist von ihm aus die Umsicht.
Gegen Südost liegt dicht unter dem letzten Berge, welcher die Burg
trägt, Seitenroda, ein schönes großes Dorf, und dahinter erheben sich
die voigtländischen Berge. Gegen Nordost zieht sich ein schmales, von
dichtem Fichtenwalde schwarz beschattetes Thal; hoch oben liegen Dörfer
auf fruchtbarer Ebene, aus deren Hintergründe die Ruinen der Lobde-
burg und der Fuchsthurm hervorragen. Schöner noch ist der Blick
nach Westen in das Thal der Saale. Da liegt Dorf an Dorf im
bunten Durcheinander von Wiesen, Feldern, Gärten, Brücken und
Wehren; im Hintergründe die schwarzen Wälder von Saalfeld und
Rudolstadt, über dem Flusse auf einem steilen Felsen die schimmernde
Weißenburg, weiter herab das thüringische Bethlehem, Orlamünda, mit
seiner Kemta, dicht unter den Füßen Kahla mit dem ehemaligen Armen-
hause, und rechts im Hintergründe sieht Jena zwischen seinen weißen
Kalkbergen hervor.
Zu dem einzigen Thore der Leuchtenburg kommt man von Nordost;
auf allen anderen Stellen ist sie mit einer Brustwehr, mit einer 1400
Fuß langen, mit Thürmen versehenen Mauer und mit einem zwischen
Brustwehr und Mauer gelegenen wasserleeren Graben umgeben. Durch
das Thor tritt man in den Vorhof, der durch Pallisaden vom eigent-
lichen Schloßhofe getrennt ist. Im Vorhofe befindet sich die Haupt-
wache. Im Schloßhofe liegt rechts das Zuchthaus für männliche, links
das Zuchthaus für weibliche Züchtlinge; im letzteren sind auch die
Wohnung des Directors und das Expedrtionslokal. Gerade vor steht
das Ökonomiegebäude mit den Wohnungen mehrerer Beamten und des
Pastors. — Zu den Merkwürdigkeiten der Leuchtenburg gehört der
350 Fuß tiefe Brunnen. Im Takte, bald nach der einen, bald nach
der andern Seite fortschreitend, je nachdem bald der eine, bald der an-
dere Eimer heraufgewunden wird, treten 2 Züchtlinge ein großes Rad,
das durch einige andere Räder eine starke Walze treibt, über welche
das Seil hinunter in den Brunnen geht. Sieben Minuten dauert es,