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1. Leseblüthen! - S. 113

1854 - Hamburg : Herold
113 \ 87. Cbbe und Fluth Ln Holland. Die merkwürdigste Bewegung des Meeres ist Ebbe und Fluth. Ganz Seeland mit allen seinen Nebenlanden und Nachbarinseln ist gleich einem großen Schwamme, der sich täglich zweimal bis zum Ueberlaufen vollsaugt und zweimal sich fast bis auf den Boden ent- leert. Das Wasser am Strande steigt und fällt, nämlich in re- gelmäßigem Wechsel, innerhalb 24 Stunden 50 Minuten 48 Secunden zweimal. Das Steigen, welches 6 Stunden dauert, nennt man Fluth. Wächst es nicht mehr, so ist hohe See, die nur V2 Stunde dauert. Fällt es und tritt vom Ufer zurück, was wieder 6 Stunden anhält, so sagt man: es ebbet — es ist Ebbe. Im niedrigsten Stande (tiefe See) beharrt es wieder V2 Stunde, bevor es zu steigen beginnt. In der Ostsee, die säst gänzlich vom Lande umgeben ist, spürt man keine Fluth, wohl aber in der Nordsee. Zuweilen über- steigt das Meer die gewöhnliche Höhe und wird dann gefährlicher. Man nennt dies Springfluth. Um sich gegen diese zu schützen, hat man die West- und Nordküste der Niederlande, wie auch die Nordküste Deutschlands bis an Dänemark mit kostspieligen Dämmen und Deichen, 10 bis 20 Fuß hoch, eingefaßt. Um aber das Wasser aus den Sümpfen des Landes los zu werden, hat man die Deiche mit Pforten (Sihlen), von 7 bis 20 Fuß Weite, versehen. Zur Zeit der Ebbe, weun das Seewasser bis unterhalb dieser Pforten gesunken ist, öffnen sich diese durch den Druck des aus dem Lande kommenden Wassers und lassen dieses hinaus. Die steigende Fluth aber, natürlich weit stärker als das träge Moorwasser, drückt dann die Thüren wieder zu und verschließt sich selber den Eintritt ins Land. Die Ebbe und Fluth, besonders aber die Ebbe, bietet dem Auge einen interessanten Anblick dar. Da die Ebbe das Niveau (spr. Niwoh) d. h. die Wasserfläche gewöhnlich um 15 bis 20 Fuß erniedrigt, so kann man sich denken, wie die dadurch entstehende Erhöhung und Hervorsteigung aller Dämme, Ufer- und Sandbänke ebenfalls um 15 bis 20 Fuß ihr Aussehen verändern muß. Die Deiche scheinen rie- senhoch zu wachsen, die Brücken und Pfahlreihen der Häfen steigen mit langen Piedestalen (Fußgestellen) empor, und die Schiffe sinken mit dem Wasser hinab und verstecken sich zwischen den hohen Ufern, oder liegen wohl auch, auf's Trockene gesunken, wie gestrandet auf einer Seite und erwecken unser Mitleid. — Dort kriechen die armen Leute der Küstenstädte, die zerlumpten Kinder und die armen Mu- schelsammler und Krabben- (Seekrebse) Fänger hervor und schleichen an den Bollwerken der Häfen herum, an denen ihre Ernte gereift ist, nämlich die Muscheln, die das Meer hier säete und pflanzte. Die Ebbe enthüllt auch eine Menge Geheimnisse der Tiefe, welche die Fluth verborgen hält: da sieht man die versandeten Wraks lind Balken des ehemals gestrandeten Schiffs; da kommen die hübschen 8
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