1842 -
Karlsruhe [u.a.]
: Herder
- Autor: Heberling, Joseph Theodor
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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er es bald dahin, daß er seinen Mitschülern gleich kam,
auch denen, welche bessere Geistesgaben von Gott
empfangen hatten, als er. Jedermann liebte ihn, und
wünschte dem Vater Glück zu einem solchen Sohne.
Moritz aber war leichtsinnig, und achtete nicht auf
die guten Lehren, die er in der Schule hörte. Spielen,
Reiten, Fischen und dergleichen Vergnügen, waren ihm
lieber, als Lernen. Wenn er ermahnt wurde, fleißig
zu seyn, so sagte er: ich werde ein Landwirth, und der
braucht nicht viel zu wissen; wenn ich lesen, schreiben
und rechnen kann, so bin ich geschikt genug, und dazu
habe ich noch immer Zeit.
So ging ein Jahr nach dem andern hin, und weil
er glaubte, immer noch Zeit genug zu haben, so lernte
er auch das Lesen, Schreiben und Rechnen nur sehr
mittelmäßig. Der Vater hätte es freilich lieber gesehen,
wenn sein Sohn fleißiger gewesen wäre; aber zwingen
wollte er ihn nicht, und überdieß dachte er ebenfalls,
daß sein Sohn in seinem künftigen Stande nicht viel
zu wissen brauche, und daß es ihm nicht fehlen könne,
wenn er ihm das Gut wohl eingerichtet hinterließe.
Aber beide irrten sehr, denn sie dachten nicht daran,
daß die Gewöhnung an unnüze Beschäftigung noch weit
schlimmere Folgen habe, als die bloße Versäumung der
Gelegenheiten, etwas Nüzliches zu lernen.
Als Moritz in die Jahre trat, wo er die Schule
verlassen mußte, wollte ihn der Vater zur Wirthschaft
anführen, und trug ihm also bald diese, bald jene Ge-
schäfte auf; aber Moritz ging lieber seinen gewohnten
Lustbarkeiten nach. Anstatt auf dem Felde zu seyn, und
die Knechte zur Arbeit anzutreiben, ritt er in die Stadt
zu seinen Bekannten, spielte, und ließ die Knechte ar-
beiten, so viel sie wollten.
Der Vater schallt ihn zwar deßwegen hart, aber es
half nichts, und er starb, wie man sagt, vor Verdruß
über die Liederlichkeit seines Sohnes. Nun war Moritz
Herr des Gutes, und konnte ganz nach seinem Willen
handeln. Nach dem Sprichwort: jung gewohnt, alt
gethan, blieb er auch eben so leichtsinnig, wie er vor-