1842 -
Karlsruhe [u.a.]
: Herder
- Autor: Heberling, Joseph Theodor
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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5hm zur Seite liegt das Männchen da,
Mit dem glatten aschenfarb'nen Köpfchen;
Alle Regenbogenfarben sah
Man im Sonnenstrahl an seinem Kröpfchen.
Ach, wer hätte mir sagen sollen, daß mein Lieb-
lingsliedchen so buchstäblich auf mich passen würde! O ich
kann cs nun nicht mehr singen, ohne zu weinen! O bö-
ser, böser Marder! Hättest du nur ein Pärchen, nur
das einzige Pärchen verschont, das ich so mühsam er-
zogen habe! das dankbare Pärchen, das mir so traulich
auf die Schulter flog, wenn ich Gurr, Gurr rief! —
Ach, nichts ist mir von euch übrig, ihr frommen Täub-
chen, als euer armes, naktes Zwillingspaar! — O ihr
kleinen Närrchen! wäret ihr nur ein bischen flügger!
Wie wollt' ich euch pflegen und warten, bis ihr auch
so groß und zahm würdet! —
Mutter. Armes Minchen! wie beklag' ich dich und
deine armen Täubchen! Mer — ich bin unschuldig.
Minchen. O Mutter, Mutter! ich fühle, was du
sagen willst. Ach, du hattest es geahnet, daß es so
gehen würde. Ach hätt' ich dir gefolgt und die kleine
Oeffnung da zumachen lassen!
Mutter. Siehst du nun, welchen Jammer der
Leichtsinn bereitet? Zweimal hab' ich dich erinnert, und
du sorgtest doch nicht dafür. —
Minchen. Ach Mutter, liebe Mutter! Nie mehr
will ich so leichtsinnig sein.
Mutter. So lang dich dein Verlust noch schmerzt,
hoffentlich nicht; aber wenn dein Jammer vergessen ist,
wie dann? — Weißt du noch, was du versprachst, als
dein Hänfling starb, den du so schändlich verhungern
ließest?
Minchen. O mache mir keine Vorwürfe, liebe
Mutter! Ich vergehe vor Jammer.
Mutter. Das sollst du nicht; aber tief sollst
du für dein ganzes Leben fühlen, welch' bittere Früchte
die Sorglosigkeit und der Leichtsinn bringt; denn wie
hier durch eine einzige Oeffnung der Feind eingedrungen
ist und deine Freude getödtet hat, so dringt auch der