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1. Der Bildungsfreund in den Oberclassen deutscher Volksschulen - S. 284

1843 - Altona : Schlüter
284 Vorhandene. Über die menschliche Seele, ihre Bestimmung und Fortdauer gelangten sie ebenfalls zu keiner Klarheit. Phi- losophie aber, d. h. Liebe zur Weisheit, wurde die Wissenschaft genannt, welche sich mit der Beantwortung solcher Fragen be- schäftigte. In Athen, der herrlichsten Stadt Griechenlands, war nun etwa 450 Jahre v. Chr. durch Handel und glücklich geführte Kriege ein außerordentlicher Reichthum, und damit auch Wohlleben und Schwelgerei herrschend geworden. Da traten denn falsche, leichtsinnige Männer auf — sie nannten sich So- phisten ! das soll heißen: Weise! und lehrten: „ Ihr sehet ja, wie die Philosophie nichts mit Bestimmtheit weiß; sie weiß nicht, ob Ein Gott sei oder viele Götter oder gar keine; sie weiß nicht, wozu der Mensch geschaffen ist, ob zur Tugend oder zum Lebensgenuß, zur Weisheit oder zur Thorheit; ob er nach diesem Leben fortleben wird oder ewig todt sein. Nur das, o Mensch, haft du gewiß, was du genossen hast. Drum laß dein Herz guter Dinge sein; lebe lustig und kümmere dich nicht um die Zukunft. Nicht der ist der Beste, der am tugendhaf- testen gelebt, sondern der, welcher das Leben am vollständigsten genossen hat." Du erschrickst billig, mein Lieber, über solche Lehren. Aber das Schlimmste dabei war noch, daß jene Sophisten dieselben mit so schönen Worten und in so schönen Wendungen vorzubrin- gen wußten, daß nur ein sehr gebildeter Geist ihnen das Falsche ihrer Lehre hätte darthun können. Ich will dir doch an einem Beispiel zeigen, wie listig und scharfsinnig sie oft ihre Sache darzustellen wußten. Ein Jüngling ging zu einem Sophisten, um von ihm Weisheit (?) und Beredtfamkeit zu lernen. Sie wurden einig, daß das Lehrgeld erst dann von dem Jünglinge zu zahlen sei, wenn er seinen ersten Proceß vor Gericht gewonnen hätte. Der Jüngling machte außerordentliche Fortschritte; aber zögerte ftets damit, eine Rechtssache vor Gericht zu führen. Der Sophist, dem am Ende doch die Geduld ausging, mahnte seinen Schü- ler an die Bezahlung der Schuld, und da dieser an die Be- stimmung ihres Vertrags erinnerte, lud er ihn vor Gericht. Das eben hatte der nur zu gelehrige Schüler gewollt, und nun trat er auf und sagte: „ Ich, ihr Richter, bin jetzt auf keinen Fall das Lehrgeld zu zahlen schuldig. Denn verliere ich den Proceß, so brauche ich nichts zu bezahlen zufolge der Be-
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