1843 -
Altona
: Schlüter
- Autor: Burgwardt, Heinrich
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
518
verholten großartigen Kreuzzüge. Europa verlor durch sie
Millionen Menschen, freilich auch vieles Gesindel. Der edle
Fürst Gottfried von Bouillon, Herzog von Lothringen, drang
siegend ein in's gelobte Land, eroberte Jerusalem und suchte da-
selbst ein christliches Reich zu gründen. Doch wollte es nicht
zur Sicherheit gelangen. Die Muhamedaner traten immer wie-
der dagegen auf; 1291 war die letzte Festung und mit ihr alle
Herrschaft der Christen in Palästina dahin; jene breiteten ihre
Macht immer mehr aus, eroberten 14-53 sogar Konstantinopel
und bedrohten damals nicht selten Deutschland.
7. Äußerlich hatte nun zwar das Reich Christi immer mehr zuge-
nommen; innerlich aber fing es an zu zerfallen, besonders durch
die Päpste, welche, gegen Jesu Wort: -Mein Reich ist nicht von
dieser Welt," immer mehr nach weltlicher Herrschaft strebten, und für
christliche Erkenntniß und wahrhaft christliches Leben wenig oder Nichts
thaten. Das Irdische und Weltliche galt ihnen und ihren Priestern
nichr, denn das Evangelium; sie standen nicht, wie die Apostel, tnt
Dienste des Herrn, sondern suchten nur das Ihre, und das wol gar unter
dem Deckmantel äußerer Christlichkeit. O wie haben viele wüste Men-
schen in der Kirche Christi den Christcnnamcn geschändet und den Herrn
durch Wort und Leben zehnfach gekreuzigt. Ja. cs waren dermalen
viele Wölfe in Schafskleidern unter der Heerde Christi. Darum wurde
auch das Reich mit sich selber uneins. Im 9. Jahrhundert theilte sich
die Kirche Christi auch äußerlich in zwei Theile: an der Seite der ka-
tholischen Kirche im Abcndlandc bildete sich die griechische Kirche
in den Gegenden des Morgenlandes.
Der Mann. dem es gelang, die Macht des Papstes auf eine mi<
erhörte Weise geltend zu machen, war Hildebrand, der Sohn eines
Zimmcrmanns aus Italien, als Papst Gregor Vh. genannt. Er
stieg von der untersten Stufe eines Geistlichen bis zur Würde eines
Papstes, und strebte nun mit Kraft und Ausdauer darnach, den Papst
über alle weltlichen Herrscher zu erheben. Zu seiner Zeit lag die Kirche
im tiefsten Verfall. Die. welche die Heerde Christi weiden sollten, wa-
ren entweder unwissend oder den gröbsten Lastern ergeben. Das Volk
natürlich noch zehnmal ärger. Was allein Noth that, gab Papst Gre-
gor Vii. nicht. Den Geistlichen verbot er die Ehe, um sie desto mehr
an sich zu ketten, und verlangte, daß alle Bischöfe ihr Amt und ihre
Besitzungen nur aus der Hand des Papstes, und nicht etwa aus der
Hand des Kaisers oder eines andern weltlichen Herrn empfangen soll-
ten. Das Alles, um der Herr aller Herren der Erde zu werden. "Die
Macht des römischen Stuhles ist größer, als die Macht der Thronen,
und Könige sind dem Papste Unterthan und Gehorsam schuldig. Der
Papst ist Statthalter Christi und der Höchste auf Erden.-- Diese Ge-
danken allein beseelten den, der ein Hirte dessen zu sein vorgab, der sei-
nen Jüngern die Füße wusch. Wie dieser geistliche Tyrann den deut-
schen Kaiser Heinrich Iv., der die Macht des Papstes nicht anerkennen
wollte, so tief demüthigte, davon erzählt uns die Geschichte ein wider-