1814 -
Frankfurt/Main Leipzig
- Autor: Tops, Johann Hermann
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
genommen wurde. Sie geriethen dadurch in die elen.
desten Umstände; dessen ungeachtet aber behielten sie so
viel übrig, daß sie noch äußerst nothdürftig davon.leben
konnten. Der junge Allwill mußte nun einen schlechten
Rock anziehen, und mit geringer Kost vorlieb nehmen,
auch außer der Schulzeit seinen Aeltern arbeiten helfen.
Manche von seinen Mitschülern, die ihn schon vorher,
wegen seines ernsthaften Wesens, nicht recht leiden konn-
ten , verachteten ihn nun vollends, wegen seiner Armuth
und schlechten Kleidung. Dieß schmerzte ihn freilich.
Allein nunmehr dachte er an das, was ihm seine Aeltern
so oft gesagt hatten: man müße sich nicht auf irdische
Güter, sondern allein auf Gott verlaßen, welcher es
immer gut mit uns meynet, und alle unsere Schicksale
zu unserm Beßten lenkt. Nun ward ihm auf einmal ganz
leicht ums Herz, und er fühlte in dem Gedanken eine
himmlische Beruhigung, Er zog nun vergnügt seinen
schlechten Rock an, ertrug die Verachtung seiner Mit-
schüler, und nahm gern mit seiner geringen Kost vorlieb.
Dieser Allwill hat hernach oft gesagt, als er schon
ein alter Mann war: er danke Gott für die Unglücks-
fälle, die er ihm schon in seiner Jugend habe ertragen
laßen. Denn die Arbeit und geringe einfache Kost habe
seinen Körper gesund und stark gemacht; durch die Ver-
achtung seiner Mitschüler, habe er schon früh gelernt, die
Beleidigungen der Menschen zu ertragen, ohne deßwegen
auf Rache zu denken; durch diese Verachtung, und durch
seine schlechte Kleidung, sey sein natürlicher Stolz, wel-
cher ,ihn sonst würde unglücklich gemacht haben, sehr ge-
demüthiget worden: er müße also die unendliche Weis-
heit Gottes anbethen, und bekennen, daß sie ihn nicht
ohne Ursache, in seiner Jugend habe arm und dürftig
styn laßen.