1814 -
Frankfurt/Main Leipzig
- Autor: Tops, Johann Hermann
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
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und andere Dinge entstehen, und was jedes für Nutzen
schaffe. Alles erfüllte ihn mit Freude und Dank gegen
seinen großen und gütigen Schöpfer. Christoph hin-
gegen ging feinen Gang mürrisch fort, und sah auf nichts,
was um und neben ihm war, weil er von keiner Sache
etwas gelernet hatte. Daher fand er auch an den künss-
lichsten und schönsten Dingen kein Vergnügen. Er war
zu nichts in der Welt zu gebrauchen; wußte sich mit nichts
angenehm und nützlich zu beschäftigen; war daher im-
mer verdrießlich, und fiel sich und andern zur Last. Her-
mann hingegen ward ein geschickter Mann, den man
überall gern leiden mochte, weil er immer vergnügt war,
und auch Andere, auf eine vernünftige und nützliche Art,
zu vergnügen wußte.
6. Schaden der Unwissenheit.
^§in armer Tagelöhner, in der Mark Branden-
burg, hatte einen Bruder in der Fremde. Dieser war
wohl zwanzig Jahre abwesend; und die Leute glaubten,
er wäre todt, weil er sogar nichts von sich hören ließ.
Einmal kam ein Brief an den armen Tagelöhner, als er
eben m der Stadt war. Weil dieser Mann aber selbst
weder gedruckte noch geschriebene Schrift lesen konnte; so
ging er mit dem Briefe zu einem Wirthin seinem Dorfe,
und bat, daß dieser ihm den Brief doch vorlesen möchte.
Als der Wirth den Brief eine Weile still durchg-elesen hatte,
. ^Mgte er zum Tagelöhner: „ Hört J in dem Briefe steht,
„euer Bruder in der Fremde wäre todt, und hätte euch
»fünfzig Thaler vermacht; aber ihr müßet sogleich
„ kommen, und das Geld selbst abholen." — Herr Wirth,
sagte der Tagelöhner, wo soll ich denn hingehen, und
das Geld abholen? — Nach Amsterdam, über hun-
„ dert Meilen von hier, da liegt euer Geld." — Ei,
hundert Meilen hin, hundert her — das sind ja wohl gar
zwo hundert Meilen; da kostet mir die Reise und Vev-
saumniß, bei der nahen Aernte, fast mehr, als ich erben