1832 -
Stuttgart
: Macklot
- Autor: Selchow, Felix
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
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daher nichts als ein Ruhetag, seine Freude mehr eine Art von
Abspannung.
In Ddbern wimmelte es von Kaufenden und Verkäufern;
Jeder findet da, was er sucht; es wird aber nichts gesucht als
Bedürfnisse des Landvolks. Schmiede, Klempner, Drechsler,
Böttcher, Töpfer, Wollenfabrikanten, allenfalls auch ein Glas-
händler, Zinngicßcr, Buchbinder, Lieder- und Tuchhändler fin-
den guten Absatz; die Luruöhändler aber kommen schlecht weg;
denn die Buntrocke, die man zwischen den Buden sich hindrän-
gen sieht, sind doch nur Landwirthe, und ihre Srahlknöpfe und
seidenen Bänder haben sie in Elbing gekauft.
Nachdem sich die Menge eine Zeit lang auf dem Markte und
in den Schenken herum getrieben hatte, ging Jeder, zufrieden
mit seinem Einkaufe und fröhlicher als bei seiner Ankunft ge-
stimmt, wieder nach Hause.
Bernstein und Bernsteinarbeiten in Pommern und
an der preußischen Küste.
An den Küsten der Ostsee, vorzüglich in Pommern, auf der
Insel Rügen und zwischen Pillau und Memel wird bekanntlich
eine ziemliche Menge Bernstein in größeren und kleineren Stük-
ken gefunden. Man sammelt ihn am häufigsten, wenn nach
Stürmen das Meer wieder ruhig geworden ist, in Gestalt klei-
ner abgeplatteter Steine, die mit einer Schleimhaut überzogen,
oder mit Wurzelfasern oder anklebendem Meersande bedeckt sind.
Bisweilen zeigen sich auch ganz reine und durchsichtige Stücke.
Von Farbe ist der Bernstein entweder hell- oder dunkelgclb.
Der dunkelgelbe ist der gemeinste und wird nicht sonderlich geach-
tet; desto höher aber schätzt und bezahlt man den blaßgclbcn, und
den sogenannten Kumst^ der milchicht aussieht und ein wenig
ins Grünliche spielt.
Woher der Bernstein komme, weiß man nicht mit völliger
Gewißheit. Mancherlei Umstände geben aber zu erkennen, daß
er nichts anders als ein im Meerwafser verhärtetes Harz ist.
In manchen Stücken sieht man ,z. B. Fliegen, Ameisen, Würm-
chen, Wassertropfen eingeschlossen; man findet den Bernstein
auch in Gestalt eines großen birnförmigen Harztropfens an einem
Stück Baumrinde hangend. Dieß alles gibt hinlänglich zu er-
kennen, daß der Bernstein einst flüssig war. Durch die Länge
der Zeit wurde er aber hart wie Stein und durchsichtig wie Glas,
weswegen ihn auch die alten Strandbcwohncr Glas nannten.
Er hat aber doch bei seiner Verhärtung alle Eigenschaften des Har-
zes behalten; er schmilzt z. B. am Feuer, entzündet sich und brennt
mit einer Flamme, sein Dampf aber verbreitet einen lieblichen
Harzgcruch; daher nennt man ihn auch Bernstein, oder rich-
tiger Brenn sie in, von dem alten deutschen Wort börncn
(brennen). Auch die Leichtigkeit hat er mit dem Harze gemein.