1832 -
Stuttgart
: Macklot
- Autor: Selchow, Felix
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
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Wasser gehen, über die Kette, die vermöge ihrer Schwere in der
Mitte einen Bogen im Strom macht, wegfahren, und ihre^ ver-
botenen Waaren glücklich in Sicherheit bringen. Der listige Schif-
fer weiß mir großer Geschicklichkeit die Argusaugen der Mauth-
uer zu hintergehen. Bei finsterer Nacht fahrt sein Fahrzeug in al-
ler Stille, von der Fluth getrieben, die Mguth vorbei, und seine
Ladung ist dann im Lande, wo sie in größter Geschrvindigkeir ab-
geholt und weiter gebracht wird. Oft hat auch der Schleichhänd-
ler seine Waaren unter dem Schiffe, wo sie Niemand sucht; da-
her werden verdächtige Fahrzeuge durch eine unter dem Boden
weggezogene Schnur untersucht. Andere lassen sich einen doppel-
ten Boden in das Schiff, in ihre Kisten und Fässer machen und
führen dann Contrebande ein.
Auch die unverdächtigsten Schiffe werden hier ganz ausgela-
den, Fässer und Kisten aufgeschlagen und untersucht oder plom-
birt, das heißt, mit Blei versiegelt, damit sie bis zur andern
Grenze nicht geöffnet werden können. Selbst die Hütte und ein
Theil der Breter wird abgebrochen und alles auf das genaueste
visitirt. Ein Krähn, das heißt, eine Maschine zum Heraus-
heben und Abwagen der Waaren^, ist an dem Strande errichtet;
unter diesen Krähn werden die Schiffe gestellt, und die Ladung
so mit leichter Mühe an das Land und wieder in das Schiff ge-
bracht. Alle verbotenen Waaren wirft man ohne Umstände in die
Donau, wo sie auffischen kann wer da will.
Weiterhin, wenn man sich der Stadt Linz nähert, wird die
Gegend ganz eben. Bald sieht man sich aber wieder von Gebir-
gen eingeschlossen. Drei oder vier Stunden von Linz gelangt man
zu dem Schlosse Greyn, das hoch ans schroffen Felsen herüber-
hangt, unter denen sich das Wasser mit schrecklichem Getöse bricht.
Dieß ist der G r e y n e r Schwall. Das Schiff schießt unter-
halb Greyn mit Windesschnelligkeit unter überhangenden Fel-
sen hin. Bald hört man zwischen den Gebirgen ein noch fürch-
terlicheres Brausen. Es kommt von dem berüchtigten Strudel,
wo sich die Donaugewässer wie Meereswogcn erheben. Er ent-
steht durch eine aus der Mitte der Fluchen schroff sich erhebende
Felseninsel. Auf der linken Seite derselben fahren die Schiffe über
ein flaches Felsenbett hin, aus welchem hier und da einzelne Spiz-
zen hervorstehen. Gleichwohl ist nach den bedeutenden Arbeiten,
die an dieser Felscnbank vorgenommen worden sind, die Durch-
fahrt, wenn sie mit Besonnenheit unternommen wird, nicht ge-
fährlich. Weit bedenklicher ist eine Viertelstunde davon der Wir-
bel, wo der Strom heftig gegen ein Vorgebirge, den Hausen-
stein, anprallt, der sich bis in die Mitte des Bettes erstreckt.
Die gewaltsam zurückgestoßenen Fluthen werden von der Heftig-
keit des Stromes wieder vorwärts getrieben, wirbeln schäumend
und tosend durch den engen Paß und drohen jedem Fahrzeuge,
das sich ihm nähert, den Untergang. Allein auch hier haben die