1850 -
Stuttgart
: Müller
- Autor: Hoffmann, Friedrich W.
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Die,Orkane der Tropenländcr.
winde sind sehr häufig Folge von ungeheuren Wald- und Steppenbränden,
welche oft unabsehbare Strecken verheeren.
Wir hören oft von den zerstörenden Wirkungen heftiger Winde, aber
nur selten besuchen diese unsere Gegenden. Die erhabensten Werke der
Menschen werden häufig von ihnen vernichtet, und bisweilen ganze Gegen-
den verheert. Auf keinem Theil der Erde sind aber ihre Wirkungen
furchtbarer, als in einigen Regionen Afrika's. Während der Stürme, die
oft in den Wüsten Hausen, wird der lockere und unbeständige Sand in so
dicken Wolken in die Luft gejagt, daß sie die Kraft der dort allmächtigen
Sonne unterbrechen, während er zu andern Zeiten durch den Wirbelwind
in massiven riesenhaften Pfeilern sich aufthürmt. Der Wanderer, welcher
die ungeheuren Wüsten von Afrika durchkreuzen muß, darf sich glücklich
schätzen, wenn er sie passirt, ohne eines jener fürchterlichen Phänomene
zu Gesicht zu bekommen. Es muß ein großartiger, aber auch schrecklicher
Anblick seyn, wenn man eine Reihe ungeheurer Sandpfeiler mit größerer
oder geringerer Schnelligkeit über die unermeßliche Wüste schreiten sieht,
wobei ihre Gipfel bis an die Wolken reichen und ihre Grundstächen auf
der verdünnten Luft ruhen. Sollten sie jedoch den Pfad eines Wanderers
durchkreuzen, dann ist wenig Hoffnung für ein Entrinnen vorhanden.
Wenn aber schon dieses Phänomen bisweilen zerstörend für eine Karavane
wird, wie viel mehr sind dieß Sandwinde oder Orkane! Derham hatte
bei seiner Wanderung durch die Wüste das Unglück, einen solchen Sand-
sturm zu bestehen; er hat die Wirkungen desselben kurz, aber malerisch be-
schrieben. Der ganze grenzenlose Raum schien mst Sandtheilchen erfüllt
zu seyn, und das Auge des Reisenden vermochte die Lust nur ans wenige
Schritte zu durchdringen. Sonne und Wolken waren verdunkelt; auf
Jedermann ruhte eine erstickende, niederdrückende Last; die Pferde weiger-
ten sich, den Sandwolken entgegen zu gehen, die sie zu überschütten drohten;
und Menschen und Thiere litten unter einem peinlichen Durst, den sie nicht
zu löschen verniochten.
Die Orkane, welche die Antillen und Mascarenen verheere», die
sogen. Tornados, gehören unter die heftigsten und zerftörendsten Statur-
erscheinungen. Stewart hat das Herannahen und die Wirkungen eines auf der
Insel Jamaica erlebten Orkanö sehr lebendig dargestellt. „Sichere und schrek-
kenerregende Vorzeichen gehen ihm gewöhnlich voran. Eine ungewöhnliche
Stille herrscht ringsum. Man fühlt nicht einen Windhauch. Die Atmosphäre
ist dick und schwül; die Wolken fahren wild, zerrissen und in beständigem
Wechsel am Himmel umher. Endlich tritt allmähli'h eine tiefe und
schauerliche Finsterniß ein und bedeckt den ganzen Horizont. Die Sonne
ist in Dunkel gehüllt. Man vernimmt einen undeutlichen, tiefen und hohlen