1863 -
München
: Königl. Central-Schulbücher-Verl.
- Autor: Solereder, Ludwig, Eggert, Karl
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
1.61
einem grauweißen, trockenen, käsigen Ueberzug bedeckt. Wenn
wir diesen aufmerksam betrachten, so sehen wir eine Menge
weißer Stielchen, die rosenrothe Hütchen tragen; es ist dies
die Knotenschwammflechte. —- Ist die Lage eines Ortes oder
Waldes rauh und an kalten Nebeln reich genug, wie es die
Flechten lieben, so siedeln sie sich in großer Menge an Zäunen,
Bretterwänden, feuchten Mauern, ja selbst an den umher-
liegenden größern Steinen an. Sie bilden da theils unförm-
liche Krusten, theils zierlich gerundete, schuppensörmige, laub-
artige Rosetten. Dann klettern sie aber auch fast immer an
den Baumstämmen selbst in die Höhe und siedeln sich theils
auf der Rinde an, theils aus beit absterbenden untern Aestchen
der Fichte, denen sie einen bleichen, leichenhasten Laubschmuck
verleihen. Die Bartflechten Mg. 1) gehen noch höher hinaus
und hängen als greisgraue Bärte von den Aesten der alten
Fichtenwipfel herab, bis sie der Sturm und das unstäte Eich-
horn sammt den dürren Aesten herabwirft. —• Die Korallen-
flechte sieht aus wie winzige Stämme alter Bachweiden, denen
die Zweige weggeschnitten sind; noch hübscher aber ist die
Säulenflechte, die aussieht, als wären mehrere Trichter, mit
ihrer weiten Oeffnung aufwärts gerichtet, ineinander gesteckt.
Die wichtigsten Flechten sind das sogenannte isländische
Moos Mg. 2), welches einen heilsamen Thee für Brustleidende
liefert, und die Rennthierflechte Mg. 3), welche mit ihren grau-
weißen, zierlichen, tausendfach verzweigten Büschchen große
Strecken des Waldbodens der Fichtenwälder bedeckt und in
kalten Ländern die einzige Nahrung der Hausthiere ist.
Aufgabe: Nun sollt ihr heute zu Hause die Rinde an
einem Holzscheite aufmerksam anschauen und mir dann erzählen,
ob ihr an derselben keine Flechten bemerkt habt, und wie die-
selben aussehen. — Wenn ihr an einem Gartenzaun oder einer
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