1867 -
Altona
: Schlüter
- Autor: Burgwardt, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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bloße Formalität fiel endlich weg, indem für Schleswig die Lehens,
Verbindung mit Dänemark 1658, für Holstein die mit Deutsch-
land mit dem Untergange des deutschen Reichs 1806 aufhörte.
So ist auch bei fast allen Staaten das Lehenswesen verschwun-
den und nur einige seiner Wirkungen sind geblieben; als Haupt-
folge namentlich die wohlerworbene uralte Berechtigung der männ-
lichen Linie vor der weiblichen zur Erbfolge. Schleswig-Holstein
ist also ein ganz souverainer, unabhängiger, selbstständiger Staat
geworden mit einem nur in männlicher Linie zur Erbfolge be-
rechtigten Fürstenhause. Dieses ist denn auch durch spätere Vor-
gänge keineswegs abgeändert; denn als 1721 der König das
gottorfische Schleswig in Besitz nahm und ein Theil der Schles-
wiger dem königlichen Hause huldigte, so geschah dies nur dem
Könige als Herzog und war in so fern nicht verbindlich, als das
gottorfische Haus noch nicht seinen Rechten entsagt hatte. Als
dieses aber 1773 geschah, wurde die Erbfolge nicht geändert,
vielmehr ist das Recht der männlichen Linien des Königshauses,
insonderheit der jüngeren, bei andern Gelegenheiten ausdrücklich
vorbehalten und anerkannt. Daß endlich Holstein 1815 dem
deutschen Bunde beitrat, änderte nicht allein in seiner Verbindung
mit Schleswig Nichts, sondern knüpfte sie gemäß einer richtigen
Ausfaßung des Bundes, der zur politischen Sicherheit seiner
Theilnehmer gegründet ist, nur um so viel inniger und fester.
260. Dr. Martin Luther.
(F. L. Zahn. Denkwürdigkeiten aus der Geschichte der christlichen Kirche.)
Wie sehr aber seit dem 4. Jahrhundert — von wo an durch Constan-
tin die Kirche Christi an äußerer Macht und an äußerem Glanze gewann —
das lautere Evangelium durch Menschensatzungen getrübt worden und die
Christenheck in den tiefsten Verfall gerathen war: das zeigte besonders das
Schicksal der Waldenser, des Wiklef, Huß und H ieronymu s. Das,
was die Heiden in den ersten Jahrhunderten an den Christen gethan hatten,
das thaten jetzt die, die sich Christen nannten, an denen, die Christi wahre
Nachfolger zu sein sich bestrebten, und man konnte von den Christen sagen,
was der Apostel (Röm. 1.) von den Heiden sagt: »Sie hatten Gottes
Wahrheit verwandelt in Lügen.« Za, Finsternis bedeckte wieder das Erd-
reich und Dunkel die Völker. Das Wort Gottes, das reichlich unter den
Christen wohnen soll, war fast allgemein unbekannt, und ein Zeitgenoße be-
theuert, daß in ganz Deutschland um keinen Preis ein griechisches Testament
zu haben gewesen sei. Die Hauptlehre des Evangeliums: daß der sündige
Mensch gerecht werde vor Gott allein durch den Glauben an Jesum Christum,
war wie vergraben. Der Papst und seine Diener begingen die Gottesläste-
rung und verkauften um Geld die Sündenvergebung. Und von dem Orte,
wo das angebliche Oberhaupt der Christenheit seinen Sitz hatte, sagte selbst
ein Freund des Papstes: »Aus allen Orten, so weit die Christenheit reichet,
findet sich in Rom die Grundsuppe alles Lasters und Stanks der ärgsten
Buben.«
Aber schon hatte sich der Herr aufgemacht, seine verwüstete Kirche gnä-