1. Bd. 3
- S. 18
1846 -
Braunschweig
: Westermann
- Autor: Hermes, Karl H., Rotteck, Karl von
- Auflagennummer (WdK): 13
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1812
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): offen für alle
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Viertes Kap. Allgemeinste Gestalt der Welt.
Künstler, Weise und Helden erzeugt, als der ungeheuere römische Staat,
welcher wohl 120 Millionen Einwohner enthielt, in einem halben Jahrtausend
hervorbrachte!! Auch wird, je größer das Reich, und je schwerer demnach
für einen Einzigen dessen Uebcrschanung ist, die Gewalt der Statthalter um
so unumschränkter und desto großer die Gcsahr für den Bürger seyn, selbst
unter einem guten Fürsten tyrannisirt zu werden. Endlich hört in der Uni-
versalmonarchie auch die lezte Zuflucht der Gedrückten, die Verlassung der
bedrängten Heimath, auf. Man ist nicht rettungslos, so lange noch an irgend
einem zugänglichen Orte die Freiheit blüht; nur dann wird die Tyrannei
ohne alle Scheu ihr Haupt erheben, wenn sie weiß, daß ihr nicht zu ent-
rinnen ist.
Die Römer, welche jenseits ihres Staates Nichts, als Meer und Wü-
stenei oder unwirthbare Länder von Barbaren sahen, befanden sich in dieser
traurigen Lage, und lernten ganz deren Schrecknisse kennen, als nach Marcus
Tod auch die Tugenden der Antonine verschwanden, und eine Folge von
meist bösen, zum Theil verworfenen Kaisern das ganze Gewicht der Sklaverei
auf die zahmen Völker legte; während die wenigen guten oder mittelmäßigen
Fürsten nur eine vorübergehende und theilweise Linderung brachten.
§. 3. Ursachen seines Verfalls.
In dem Fortgange und der Ausbildung dieser Despotie und in der Ab-
spannung, welche von einem Weltreiche unzertrennlich ist, haben wir die
Hauptursache von dem Verfalle und der Auflösung eines Staates zu
suchen, welcher, nachdem er einmal in solcher Ausdehnung errichtet und be-
festiget war, nach der in ihm enthaltenen Masse physischer Kräfte und nach
seiner von dem weisesten Fürsten erhaltenen Organisirung und innigen Ver-
knüpfung unerschütterlich begründet auf die längste Dauer schien. Jedoch
kamen noch mehrere theils innere, theils äußere Umstände hinzu, welche
den Ruin beschleunigten und vollständiger machten. Auch von jenen Umstän-
den sind die meisten als Folgen der Despotie im Allgemeinen oder als
nähere Bezeichnung der römischen Despotie zu betrachten. Montesquieu
und nach ihm viele Andere haben dies Alles schon in so deutliches Licht gesszt,
daß wenig Neues mehr zu sagen bleibt.
Die Gewalt der Kaiser beruhte in ihrem Ursprünge, und so auch in der
Fortdauer, auf militärischer Macht. Hieraus stoß eine ausnehmende Be-