1. Bd. 3
- S. 127
1846 -
Braunschweig
: Westermann
- Autor: Hermes, Karl H., Rotteck, Karl von
- Auflagennummer (WdK): 13
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1812
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): offen für alle
Zweites Kap. Religion.
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§.4. Eifer ihrer Bekenner. Verfolgungen.
Ii. Diese göttliche Lehre wurde von den früheren Christen
rein aufgefaßt, standhaft bekennt und eifrigst durch Wort
und That verkündet. Nicht nur in Behauptung ihres Gesczes,
gleich den Juden, aus deren Mitte sie hervorgegangen waren, sondern auch
in Ausbreitung desselben zeigte sich der Eifer der Christen. Es
schien Ncligionspflicht, allen Menschen mitzutheilen, was für Alle verkündet
war. Jeder Bekehrte wurde auch Apostel der Lehre in engeren oder weiteren
Kreisen, je nach eines Jeden Verhältniß oder Kraft. Viele aber (und noch
bei den späteren Missionarien ist solcher Eifer kenntlich) machten die allge-
meine Verpflichtung sich zum besonderen Lebensgeschäft, trugen das Evange-
lium zu fernen Völkern, nicht achtend Mühe und Gefahr, trozcnd den Feind-
seligkeiten der Natur und der Menschen.
Auch wurde der Eindruck ihrer Lehre durch das Beispiel verstärkt.
Die ersten Christen, durchdrungen von der Erhabenheit und Schönheit der
moralischen Vorschriften, die ihnen der Meister gegeben, und durch ihre Lage
aufgefordert, die Verlasfung oder Anfeindung der Landesreligion durch einen
in die Augen fallenden Vorzug der neuen Lehre zu rechtfertigen — oft auch
von Gewissensbissen und Furcht angetrieben, frühere Sünden durch nachfol-
gende strenge Bußen zu tilgen —, erbauten die Heiden durch das Schau-
spiel eines schuldlosen, tugendhaften Wandels unter allem Verderbnisse der
damaligen Welt. Die reinen Sitten der Christen, ihre Eintracht und gegen-
seitige Liebe, ihre Freigebigkeit (häufig wurde sogar eine völlige Güterge-
meinschaft eingeführt), ihre stille harmlose Weise, alle diese schönen Früchte
der noch unverdorbenen Lehre sprachen mit eindringlicher Stimme das Ge-
müth der besseren Menschen an, und bahnten den Weg zur Ueberzeugung.
Aber minder günstig wurde von den Obrigkeiten und den Kaisern
die neue Lehre betrachtet: und es erregt unser gerechtes Befremden, die
Grundsäze der Toleranz, welche sonst im römischen Reiche mehr, als in
irgend einem anderen und für alle Religionen galten, nur in Ansehung des
Christenthums beseitiget, und die Bekenner desselben — nicht etwa blos
von tyrannischen, sondern meist von den besten und einsichtsvollsten Kaisern —
lurfülgt zu sehen. Aber die verschiedenen Religionen, welche sich unter
der römstchen Herrschaft der Duldung erfreuten, übten solche Duldung auch