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1. Bd. 4 - S. 13

1846 - Braunschweig : Westermann
13 Charakter dieses Zeitraumes re. Mit diesem lieb erblicke offenbaret sich uns sowohl der allgmeine Cha- rakter des gesammten Mittelalters, als der besondere der ein- zelnen Zeiträume, in die cs natürlich zerfällt. Im ersten (vorliegenden) Zeiträume bricht im Geleite der wandernden Völker die Nacht der Barbarei herein *), aber es unterhalten, wenigstens auf klassischem Boden, die gebro- chenen Lichtstrahlen der untergegangenen Sonne noch einen dämmernden Schein; während das unter den nördlichen Barbaren sich ausbreitende Christenthum (in Verbindung mit ihrer edlen jugendlichen Kraft) dieselben vor völliger Verwilderung sichert, und schöne Blüthen der Humanität durch die Nacht der folgenden Jahrhunderte rettend auf glücklichere Zeiten bringt. Sonst sehen wir nichts, als Zerstörung und wieder Zerstörung, Völker auf Völker in be- täubend schneller Folge über die Bühne rauschend; Reiche plözlich entstehend und verschwindend, wie Bilder im Zauber-Spiegel; nichts Stätcs, nichts Beharrliches, woraus der Blick mit Ruhe weile. Die Welt, Europa zumal, hat keinen Schwerpunkt mehr, Alles fällt durcheinander in regellosem Getüm- mel Endlich vcrtobt der Sturm; die schwellende Macht des fränkischen Reiches wird für Europa der neue politische Schwerpunkt (wie schon früher das arabische Chalisat für Asien geworden), und die zu gleicher Zeit sich fcst- sezcndcn Verhältnisse des bereits vielfältig verunstalteten Christenthums, zumal der Hierarchie, verbunden mit der ausgebreiteten Herrschaft des Lehen- wesens, gebieten den großen Bewegungen Stillstand, und geben fast dem ganzen Abcndlande eine gleichförmige, über 300 Jahre dauernde Gestalt. Von Karl M. bis zu den Krcuzzügen (welche die zweite Periode des Mittelalters schließen) dauerte dieser, im Allgemeinen klägliche, Zustand, den man die konsolidirte Barbarei, die ganz finstere Nacht heißen kann, bis, bald nach dem Beginnen jener heiligen Kriege, die ersten Spuren der erwa- chenden Dämmerung sichtbar werden, und nach Beendigung der Kreuzzüge (in der dritten Periode des Mittelalters), während in Asien Alles in blei- benden Schlaf versinket, die freundlich aufsteigende Morgenröthe Europa einen neuen und heiteren Tag — wiewohl trügerisch — verkündet. *) Wäre nicht Bar bar ei die Grundlage des Zustandes selbst der germanischen Völker ge- wesen, wären nicht selbst ihre besten Einrichtungen — ob auch dem einfachen gesunden Men- schenverstände angemessen — doch der, nur der Weisheit oder höheren Civilisation zugäng- lichen, Begründung und Vervollkommnung entbehrend gewesen, so würde das Ucbcrhand- nehmen der politischen und kirchlichen Despotie gar nicht haben stattfinden können.
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