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1. Bd. 4 - S. 189

1846 - Braunschweig : Westermann
Kultur überhaupt. 189 Barbarei. Wir sahen das Reich der Civilisation durch die Fortschritte der nordischen Wilden aus den kleinsten Umfang beschränkt, und selbst da, wohin der Sturm nicht reichte, durch die Zunahme des inneren Verderbnisses herab- gewürdigt. Die Welt bleibt — wiewohl ungleich — getheilt zwischen römi- scher Entartung und nordischer Barbarei. Nicht nur die Menschen, auch die Länder tragen den Stempel solcher Zeit. Die Denkmale der Kunst und des Fleißes, die Spuren der Wohlhabenheit und des Geschmackes verschwin- den ; die festen Wohnungen zusammengedrängter Geschlechter, die Mütter der Geselligkeit und höherer Mcnschenbildung, die Städte, sinken in Staub. In Attila's weitem Reiche war nicht eine Stadt, halb Europa diente zu Wcidepläzen, zu Lagerstätten unstäter kalmückischer Horden. Minder verwüstend, als die asiatischen, waren die germanischen Stämme. Nur die Vandalen haben den schaudervollen Ruhm der Hunnen durch ähnliche Zerstörungswuth erreicht. Andere Völker, vor allen die Lan- gobarden, freuten sich, nach ausgetobtem Siegesräusche, der friedlichen Künste ihrer Besiegten, und auch in der H eimath waren einige Stämme, zumal unter den Sachsen, dem Ackerbaue geneigt. Dasselbe und in noch höherem Grade fand bei mehreren wendischen Völkern Statt, bei welchen wir selbst Spuren des Kunststeißes finden. Jenseits der Wenden herrschte völlige Barbarei. Im Ganzen ist Europa, nach dem Untergange des abendländischen Reiches, in dem Zustande der Wildheit und Verödung. Brandstätten, Trümmer- haufen, weite Einöden bezeichnen den Weg der Völkerströmung und das Un- heil der Zeit. Der Pflug und die Werkzeuge des Gewerbfleißes sind fast allenthalben nur in der zitternden Hand von wehrlosen Besiegten, deren Zu- stand theils wirkliche Sklaverei, theils ähnlich derselben durch eigenmächtigen Druck und Verachtung ist. Die herrschenden Nationen liegen dem Kriege, der Jagd, höchstens einiger Viehzucht ob. Rohe Sitte, freche Gewalt treten an die Stelle römischer zahmer Verfeinerung, Verdorbenheit und Schwäche. Fast gleich ausgedehnt, doch minder zerstörend, als die von Norden gekommenen, waren die sarazenischen Züge. Selbst im Zeitpunkte des ftischentglühten Fanatismus ehrten die Araber die wesentlichen Einrichtungen der bürgerlichen Gesellschaft, schonten der Städte, begünstigten Ackerbau und Industrie. Später, als ihre wilde religiöse Schwärmerei nachgelassen, wurden sie die Väter einer die europäische, Jahrhunderte hindurch, anerkannt und weit überstrahlenden Kultur.
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