1. Bd. 6
- S. 144
1846 -
Braunschweig
: Westermann
- Auflagennummer (WdK): 13
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1812
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Mittelalter
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): offen für alle
s
144 Viertes Kap. Der Norden und Osten.
krieg zerrüttet, vermochte nicht Widerstand zu thun. Denn als Androni-
kus Iii. mit Hinterlassung eines dreijährigen Sohnes, Johann's V., ge-
storben war (1341), und Johann Vi. Kantakuzenus, der Würdigste
unter den Großen des Reiches, die vormundschaftliche Verwaltung übernahm;
so erhob sich wider ihn der Arm neidischer Bewerber und gefährlicher Hof-
kabale, wodurch er genöthigt ward, Beistand bei Orchan zu suchen. So
behauptete er wohl das Reich, aber bluttriefend, und überließ es freiwillig an
Johann V., um cs vor weiterer Zerrüttung zu bewahren (1338). Or-
chan, welchem Kantakuzen die eigene Tochter, Theodora, vermählet,
forderte für sie ein angemessenes Erbthcil; und es ging Suleiman, sein
Sohn, über den Hcllcspont, nahm Gallipoli, welches durch ein Erdbeben
zerstört war, stellte es stärker wieder her und fegte also den ersten festen Fuß
auf europäische Erde (1387).
Auf Orchan folgte (1360) Murat I. Gasi, sein Sohn, welcher in
Kriegs- und Fricdenssachen die durch den Vater schon begonnenen Einrich-
tungen zur Vollendung führte und befestigte. Unwiderstehlich schritt er voran
im griechischen Reiche, eroberte die feste und prächtige Adrianopolis,
auch Philippopel, den größten Theil von Thracien und Macedonien,
durchzog oder schreckte alles Land von der Donau bis zur adriatischen
Küste. Diese weiten Provinzen — einst als Jllyricum das trefflichste
Waffenhaus des römischen Reiches, und worin jezt die nicht minder streitbaren
Stämme der Bulgaren, Servier^ Bosnier, Slavonier und Alba-
nesen häuften — waren kostbarer für Amurat als die viel reicheren Län-
der der weichen Griechen. Die starken Jünglinge, die durch das Loos der
Schlachten in deö Sultans*) Gefangenschaft fielen, sammelte er in Heer-
haufen, die, von dem Feuereifer der Proseliten erfüllt und durch treffliche
Kriegszucht geregelt, das Werkzeug der glänzendsten Siege wurden. Schon
Orchan hatte die gefangenen Christcnkinder sich zu Soldaten erzogen. Mu-
rat gab ihnen eine wohlbcrechncte Einrichtung und weihte die neue Heer-
schaar (Jen-Jtschieri, Janitscharen) mit religiösem Gepränge zu seinem
Dienste ein. „Euer Antliz sey immer glänzend, Eure Faust stark, Euer
Schwert scharf. Euer Speer bringe Verderben dem Feinde! Möget Ihr
*) 9?acf> ctontfmir wurde schon Osman. nach Desguigucs und D'herbelot
aber erst Bajazeth (durch den Chalife» in Kairo) zum Sultan erklärt.