1. Bd. 7
- S. 311
1846 -
Braunschweig
: Westermann
- Autor: Hermes, Karl H., Rotteck, Karl von
- Auflagennummer (WdK): 13
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1812
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): offen für alle
einiger einzelnen Staaten.
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I. Europäische Staaten.
§. 1. Die Schweiz.
Den lebhaften Antheil, welchen die Eidgenossen an den Kriegen über
Italien, somit an den großen europäischen Verhältnissen genommen, haben wir
oben in der allgemeinen Geschichte dieser Verhältnisse zu Karl's V. Zeit (siehe
oben Kap. Iv.) und schon früher in der italischen Geschichte des vorigen
Zeitraumes (Bd Vi. Abschn. H. Kap. Iii.) erzählt. Mit dem Blute vie-
ler Tausende ihrer Söhne, mit dem Verluste der Sitten-Einfalt, mit man-
nigfaltiger Verschlechterung ihrer einheimischen Verfassung hatte dabei die
Schweiz den Besiz einiger mailändischen Landschaften, als Palanza. Bel-
linzona, welche den dreiurkantonen, Lugano, Locarno, Valmaggia,
welche den 12 alten Orten gemeinsam zufielen, erkauft, und hatten auch die
Bündtner die Thäler von Veltlin, Chiavenna und Bormio erworben.
Aber sie hatten Deß schlechten Gewinn. Langwierige, verwüstende Kriege
vertheuerten den Graubündtnern ihre Erwerbung, und die Eidgenossenschaft
überhaupt verlor an äußerer Achtung und an innerer Freiheit weit mehr durch
ihre Eroberungen, als dieselben werth waren.
Durch viele traurige Erfahrungen belehrt, entsagten endlich die Schwei-
zer der thätigen Einmischung in die europäischen Händel. Aber das System
der Verdingung ihrer Jugend in fremde — zumal französische, doch auch
in holländische, spanische u. a. — Kriegsdienste dauerte fort, und brachte un-
nennbares Verderben. Zwar diente es zur fortwährenden Probe schweizeri-
scher Tapferkeit und zur fruchtbaren Pflanzschule kricgsgewandter Männer;
aber es tödtete zugleich den ächtrepublikanischen Geist. Die Söhne eines
freien Vaterlandes gaben sich hin um einen schlechten Geldpreis zu Waffen-
knechten fremder Fürsten; sie vergaßen die einheimische Sitte, vergaßen die
reinen Begriffe von Ehre und Tugend, und tauschten den Stolz des freien
Mannes an die Eitelkeit einer glänzenden Knechtschaft. Heimkehrend aus dem
fremden Kriegsdienste waren sie — je nach ihrem Range — entweder blos
sklavisch gesinnt, oder sklavisch und herrisch zugleich, in jedem Falle für Repu-
blikaner verdorben Zudem erhielten hierdurch fremde Mächte einen gefähr-
lichen Einfluß auf die Regierungen und auf das Volk in der Schweiz;