1. Bd. 8
- S. 220
1846 -
Braunschweig
: Westermann
- Autor: Hermes, Karl H., Rotteck, Karl von
- Auflagennummer (WdK): 13
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1812
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): offen für alle
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Eilftcs Kap. Der östreichische
auch He'ssen und Oestreicher stießen, in Tcutschland auf, zwang den
Kurfürsten von der Pfalz zur Neutralität, besiegte in der gefahrvollen Schlacht
bei Dettingen die Franzosen unter Marschall Noailles (27. Juni), und
zerstörte die Linien derselben an der Queich.
Zu gleicher Zeit eroberten die Oestreicher Baiern zum zweitenmale,
nachdem Prinz Karl die Truppen des unglücklichen Kaisers bei Simpach
auf's Haupt geschlagen (9. Mai). Karl Albrecht, aus seiner Residenzstadt
München flüchtend, nahm abermal in Frankfurt seinen demüthigen Siz.
Alldort vernahm er, ohne helfen zu können, den wiederholten Klageruf seines
vom Sieger mißhandelten Volkes, und mußte noch als Gewinn achten, daß
sein Feldherr Seckendorf zu Niedcrschönfeld (27. Juni) mit dem Prin-
zen von Lothringen einen Räumungs- und Neutralitäts-Trakta't
über Baiern schloß, vermöge dessen die noch von baierischen Truppen besezten
Städte Straubing, Braunau und Neichenhall den Oestreicher»
übergeben wurden, und des Kaisers Kricgsvolk auf Neichsboden sich zurück-
zog, um allda in Verachtung, als müßiger Zuschauer des Krieges, zu weilen.
Jezt wurde eine östreichische Landesadministration in München nie-
dergesezt, und es ließ Maria Theresia sich von den baierischen und oberpfäl-
zischen Ständen huldigen (Sept. 1743). Sie wußte cs abermals nicht, wie
groß dieser Mißbrauch des Sieges und wie rcchtsverhöhnend die Anmaßung
war, die Ueberwundenen sofort als Unterthanen zu behandeln. Aber ver-
gebens verwahrte Kaiser Karl Vh. in feierlichen Kundmachungen seine Rechte
und die Unterthancnpflicht des baierischen Volkes. Der Stolz Oestreichs
kannte keine Grenzen mehr, und es wurde — ähnlich der Hinrichtung
unseres Palm durch Napoleon — ein Buchdrucker zu Stadtamhof,
welcher die Nechtsvcrwahrung Karl's Vii. abgedruckt hatte, von den Oest-
reichern verurthcilt, auf öffentlichem Markte gehenkt zu werden (s. Z schokke).
Zu der nämlichen Zeit ließ die Königin von Ungarn in Frankfurt
selbst eine Ungiltigkeitserklärung der Kaiserwahl Karl's Vii. öffentlich kund
thun, und brachte die Einverleibung solcher beleidigenden Erklärung in die
Reichsakten zuwege.
Der Kardinal Fleury war schon am Anfange dieses Jahres gestorben
(29. Jänner 1743). Trauernd hatte er das Unheil dieses Krieges betrachtet,
welchen zu unternehmen er war gezwungen worden, und dessen Ungerechtigkeit
selbst in diplomatischen Schreiben an östreichische Kriegshäupter zu bekennen,