1. Bd. 9
- S. 395
1846 -
Braunschweig
: Westermann
- Autor: Hermes, Karl H., Rotteck, Karl von
- Auflagennummer (WdK): 13
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1812
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Neuere Geschichte
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): offen für alle
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Kaiserthums bis zum Braud von Moskau.
ermuntert hatte, wich einem ängstlichen Zwangssystcme; neue Meinungen wa-
ren geächtet. Die guten Schriftsteller verschwanden. Dagegen hob das
Mönchthum wieder freudig sein Haupt. Joseph's Saaten welkten alle. Hiezu
gesellten sich beschränkte Ansichten auch in der Staatswirthschaft, Han-
delssperre, vielfache Hemmung des Gcwerbflcißes, Entmnthigung des Ackerbaus
durch Grnndlasten, Niederdrückung der Gemeinen durch strenge Handhabung
der historischen Vorrechte. Die Folge davon war Verarmung des von der
Natur so überreich begabten Landes und furchtbar steigende Finanznoth. Die
übergroße Masse der Staatsschulden, das traurige Vermächtniß der unsäglich
kostspieligen Kriege, schien einen Banquerot zu drohen; das Papiergeld sank
jährlich tiefer; einheimische und ausländische Agioteurs bereicherten sich durch
den Ruin von Millionen. Verschiedene Finanzoperationen, welche das Recht
der Gläubiger beeinträchtigten (wie zumal die unverantwortliche Forderung
des „Arrosirens" der Staatsobligationen), tödtcten den Kredit, und ver-
vollständigtcn den Nnwerth der Papiere. Sie sanken bis aus '/12 ihres Nenn-
werthes, und man achtete cs für einen großen Gewinn, als (1811) die Ne-
gierung die bis auf 1060 Millionen Gulden vermehrten Bankozettcl zu s/z
ihres Nennwerthes gegen neu kreirte „Einlösungsscheine" einwechselte. Neue
Anlehen, fortwährender Verkauf von Staatsgütern und mächtig erhöhte Steuern
deckten indeß kümmerlich den Staatsbedarf.
Gleichwohl behielt Oestreich den Blick geheftet auf die großen politischen
Verhältnisse, und verlor unter den trostlosesten Umständen den Muth und die
Hoffnung zur Wiedererlangung der Macht nicht. Die Friedensschlüsse mit
Frankreich betrachtete es blos als augenblicklich nöthige, doch allzutheurr
bezahlte und darum widerrufliche Waffenstillstände.
Schon bci'm Beginnen des Kampfes auf der pyrenäischen Halbinsel fing
Oestreich sich zu rüsten an. Der Erzherzog Karl, der Stolz Oestreichs und
Tcustchlands, ftcstte sich von Neuem an die Spize des Kriegswesens, und
belebte es mit seinem kräftigen Geiste. Die Armee ward nach und nach
verstärkt, endlich auf die Zahl von 400,000 Streitern gebracht. Neben ihr
ward eine Landwehr, zur Unterstüzung oder znm Ersaze des stehenden
Heeres bestimmt, organisirt und endlich noch ein Aufgebot in Masse aller
Waffenfähigen vom 18ten bis zum 48stcn Jahre vorbereitet. Auf die Be-
schwerden Frankreichs hierüber antwortete Oestreich zwar friedfertig, aber fuhr
zu rüsten fort. Napoleon, schon von Bayonne aus, nachdrücklicher noch