1. Bd. 9
- S. 404
1846 -
Braunschweig
: Westermann
- Autor: Hermes, Karl H., Rotteck, Karl von
- Auflagennummer (WdK): 13
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1812
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Neuere Geschichte
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): offen für alle
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Achtes Kap. Von Errichtung des
lizien in's Herzogthum Warschau eingerückt war (13. Apr.), um cs für
Preußen wieder zu erobern, wie man erklärte, drang nach erfochtenem Siege
bei Naszyn (19. April) bis zur Hauptstadt Warschau, und bcsezte sie
vermög einer Kapitulation (21. April), gemäß welcher die Polen sich über
die Weichsel Zurückzogen. Der Fürst Poniatowsky, welcher dieselben
führte, verstärkte aber sein schwaches Heer durch die herzustrvmcndcn freiwil-
ligen Streiter, und rückte, während die Oestreich er am linken Ufer der
Weichsel hinab zogen, an derselben rechten Ufer hinauf, in mehreren Ge-
fechten siegreich, und bald den Fuß auf den Boden G allizicns sczcnd. Die
Einwohner horchten dem Ruse des blutverwankten Feldherrn, der sie zur
Vereinigung mit ihren Brüdern und zur Wiedcrcrobcrung der Freiheit auffor-
derte, und standen aus, so wie die Tiroler gleichzeitig wider die Baiern,
also sie wider Oestreich. Hiedurch ward Poniatowsky stark. Lublin,
Sendo mir, das feste Zamosk, Jar os law und selbst Lemberg wurden
erobert; das allenthalben bedrängte Oestreich war allzuschwach zum Wider-
stand. Schon war der Erzherzog, nach einem vergeblichen Angriff gegen
Thorn, wieder nach Warschau zurückgegangen. Jczt verließ er auch diese
Stadt (2. Juni), und eilte Gal lizien zu Hilfe, in welches nun auch die
Russen, dem Bunde mit Frankreich gemäß, den Einbruch gethan (3. Juni).
Erstaunt und bedenklich sahen Russen und Polen, durch den unnatürlichen
Bund jczt Streitgenossen, sich gegenseitig an, nach ihrer Herzensstimmung
eher Feinde als Freunde. Daraus wohl mehr, als aus Schonung gegen
Oestreich erklärt sich die lässige Kriegsführnng der Russen. Den Polen
zur Erstarkung helfen hieß sich selbst verwunden. Unbedenklich preßte man
Oestreich im Frieden ein Stück von Gal lizien ab; aber das Beispiel der
Selbstcrhebung seiner Einwohner konnte den Unterdrückern Polens nicht will-
kommen seyn. Der Erzherzog Ferdinand, nach wechselnden Kriegsvorfällen
zog sich endlich nach Krakau zurück, übergab auch diese Stadt durch Ka-
pitulation an die Polen (14., 15. Juli) (die jedoch den Russen den
Mitbcsiz einräumten), und lenkte den Schritt nach Mähren. Die Nach-
richt des W a ffe n st i l l st andes von Z n a y m endete auch den polnischen
Krieg.
Minder bedeutend nach Mitteln und Erfolg, wiewohl nach Plan und
Aussichten weiter reichend, war der Krieg in Sachsen und Nordteutjch-
land. Nur geringe Kräfte konnte Oestreich auf diese Seite, wenden, und