1846 -
Braunschweig
: Westermann
- Autor: Rotteck, Karl von
- Auflagennummer (WdK): 4
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1812
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Neuere Geschichte
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): offen für alle
Die Rückschritte der polit. Entwicklung in Deutschland. 9
Lüden Höfe zu vermehren; und was ihm am meisten übel genommen wurde,
war, daß seine Ansichten nicht selten einen bedeutenden Einfluß auf die Mei-
nung der Bevollmächtigten anderer Bundesstaaten übten, dem weder der
österreichische noch der preußische Gesandte immer mit sicherem Erfolge ent-
gegen zu wirken vermochte. So manche Forderungen, die von den großen
deutschen Mächten erhoben wurden, widerstrebten dem persönlichen Rcchtlich-
keitssinue der meisten Bundestagesgesandtcn; auch waren die kleineren Höfe
nicht ohne Bcsorgniß um ihre Unabhängigkeit, die sie durch die strengere
Ausbildung der Bundesverhältnisse seit den Karlsbader Confcrcnzen beein-
trächtigt oder gefährdet glaubten. Es war deshalb längst ein engeres Anein-
anderschließen dieser Höfe bemerkt worden, das sich besonders bei den Anord-
nungen kund gab, die in Bezug auf das Heerwesen des Bundes getroffen
wurden. Alle Rangstrcitigkeiten unter einander wurden sogleich aufgegeben,
sobald es darauf ankam, die Selbstständigkeit der gemischten Armeecorps
gegen österreichische oder preußische Einmischung zu sichern. Eben so leicht
wurden die Schwierigkeiten beseitigt, die einer Vereinigung in Bezug auf das
katholische Kirchenwescn entgegenstanden. Würtemberg nahm keinen Anstand,
seinen Landesbischof dem erzbischöflichen Stuhle von Freiburg im badischen
Breisgau unterzuordnen. Hessen-Darmstadt entsagte den uralten Rechten der
Metropolitanwürde, die an den Bischofssitz zu Mainz geknüpft waren. Nicht
allein süddeutsche, sondern auch kleinere norddeutsche Staaten schienen bereit,
die wichtigsten Particularinteressen zu opfern, um dem Handelsvereine bcizu-
treten, der zu Darmstadt vorbereitet wurde. Am Bundestage waren mehrere
Vorschläge des Präsidiums durchgefallen, weil beinahe sämmtliche kleinere
Höfe sich dagegen erklärten. Mit Herrn von Wangcnheim stimmten gewöhn-
lich der sächsische Gesandte Herr von Carlowitz, der großhcrzoglich hessische von
Harnicr und der kurhessische von Lepel Der baierische Bevollmächtigte von Arctin
Mach gegen die Wangenheim'schen Ansichten, schloß sich aber zuletzt fast
immer aus andern Gründen seinen Folgerungen an. Ein treuer Verbündeter
d>s baierischen Gesandten war der oldenburgischc Freiherr von Both. Schwan-
keid hielten sich die Grafen von Eyben, von Grünne und von Beust mit den
Stimmen für Holstein, für Luxemburg und für die sächsischen Herzogthümer;
dock neigten auch sie sich, wo sie irgend freieren Spielraum hatten, mehr
aus die Seite von Baiern und Würtemberg, als auf jene der großen Mächte.
Selbit Herr von Blittcrsdorf, der badische Bevollmächtigte, den seine persön-