1846 -
Braunschweig
: Westermann
- Autor: Rotteck, Karl von
- Auflagennummer (WdK): 4
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1812
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Neuere Geschichte
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): offen für alle
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Erstes Hauptstück.
daher beschlossen, eine starke Grenzmark zu errichten, die für sich allein im
Stande wäre, wenigstens den ersten Anfall abzuwehren. Der alte Freistaat
der vereinigten Niederlande, der sich im Jahre 1813, sowie die französischen
Kriegsschaaren über den Rhein zurückgeworfen waren, gegen die fremde
Herrschaft erhoben und den Prinzen von Oranien, den Sohn seines ehemaligen
Erbstatthalters zum souverainen Fürsten ausgerufen hatte, wurde mit den
österreichischen Niederlanden, denen man noch das ehemalige Bisthum Lüttich
hinzufügte, zu einem Staate vereinigt, .der den Namen des König-
reiches der Niederlande erhielt; und ein Theil des neuen Königreiches,
das Großherzogthum Luxemburg, wurde, um das Ganze unauflöslich an
Deutschland zu knüpfen, für einen deutschen Bundesstaat erklärt, so daß der
König der Niederlande, als Großherzog von Luxemburg, zugleich Mitglied
des deutschen Bundes war. Wenn irgend eine Schöpfung der neueren Politik
alle Bürgschaften der Dauer zu bieten schien, so war dies das Königreich der
Niederlande. Die Natur selbst schien durch den Lauf der Ströme und durch
die gleichartige Beschaffenheit des Bodens die jetzt zum ersten Male zu einem
selbstständigen Staate verbundenen Gebiete zur Vereinigung bestimmt zu haben.
Wenn auch ein Theil der südwestlichen Bevölkerung romanischen Stammes
war, so gehörte doch die Mehrzahl demselben niederdeutschen Volksstamme an,
wie die gestimmte Bevölkerung der nordöstlichen Landschaften; und man hätte
daher denken sollen, daß wenige Jahre der Vereinigung unter einer Negierung
hinreichen müßten, die innigste Verschmelzung herbeizuführen. Hatte doch
eine ähnliche Vereinigung, obschon nur kurze Zeit, bereits vor Alters be-
standen. Aber der Riß, der im sechszehntcn Jahrhunderte den Süden und
den Norden der Niederlande von einander trennte, hatte tiefer in alle Ver-
hältnisse des Lebens eingegriffen, als bei oberflächlicher Betrachtung so leicht
zu erkennen war. Während in den südlichen Provinzen seit der gewaltsamen
Ausrottung des Ketzerthumes ddr starrste Katholicismus herrschte, hielten die
nördlichen treu an ihrem protestantischen Glauben. Diese Spaltung zwischen
dem Süden und dem Norden war durch die gemeinsame Unterwerfung unter
die französische Republik und das Kaiserreich eher erweitert, als verwischt
worden. Die südlichen Provinzen, die unter der fremden Herrschaft eine Er-
leichterung des früheren Zwanges fanden, schlossen sich derselben willig an;
französische Sprache und Sitte gewann selbst in dem niederdeutschen Theile
des Landes, in Brabant, Flandern, Antwerpen und Liniburg unter den ge-