1. Bd. 2
- S. 375
1863 -
Stuttgart Calw
: Vereinsbuchh. [u.a.]
- Autor: Redenbacher, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Höhere Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
§ 2. Rudolf von Habsburg.
375
Nachfolger ernennen möchte. Allein die Fürsten, denen
die Habsburgische Macht schon viel zu hoch gestiegen
schien und welche Albrechts gewaltthätiges Wesen fürch-
teten, verstanden sich nicht dazu. Das kränkte den alten
Kaiser sehr, meinte, er hab's anders nm's Reich ver-
dient. So reist er von Frankfurt weg den Rhein hin-
auf, matten Herzens und Leibes. Bei Straßburg wird
er ernstlich krank; da spricht er: „Wohlauf gen Speier,
wo ein Theil meiner Vorgänger ruht, die auch die Krone
getragen!" Aber schon in Germers heim ergreift den
73jährigen Greis der Tod, 1291. Man schaffte den
Leichnam nach Speier und setzte ihn im dortigen Dome
unter großer Wehklage des Volks neben den andern
Kaisern an seinen Ruheplatz. Ein altes Geschichtsbuch
sagt von ihm: „Er was (war) der beste Urlugs-(Kriegs-)
mann siner Zyt. Er was der tyrest Mann, der Richters
Amt je gewann. Man kann das nit alles beschryben,
wie der selig König Rudolf was fromm und tugendhaft
und fast von jedermänniglich ward beklaget."
Er war um seiner Kraft willen gefürchtet, doch wegen
seiner Menschenfreundlichkeit noch mehr geliebt.
Seine Redlichkeit wurde sprichwörtlich; von Einem,
der mit Falschheit umgieng und Winkelzuge machte, pflegte
mau zu sagen: „Der hat Rudolfs Redlichkeit
nicht!"
Von seiner guten Laune, die ihn zum Manne des
Volks machte, noch ein paar Anekdoten: Er hatte eine
große Nase. In der Reichsstadt Eßlingen rief ein
Mulhwilliger auö dem Volke gegen den Kaiser hin: „Hei,
was für eine große Nase; man kann ja nicht vor ihr
durchkommen!" Rudolf drehte gleich das Gesicht zur
Seite und sprach: „Nun, guter Gesell, wirst du vorbei-
können!" — Zu Mainz gieng er eines kalten Morgens,
schmucklos wie er war, in ein Bäckerhaus und wärmte
sich am Backofen. Die Bäckersfrau hält ihn für einen
der vielen unverschämten Landsknechte (Söldner) und be-
gießt ihn unter Schimpsreden mit Wasser. Er läßt sich's