1. Bd. 2
- S. 414
1863 -
Stuttgart Calw
: Vereinsbuchh. [u.a.]
- Autor: Redenbacher, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Höhere Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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Ix. Zeit des sinkenden Papstthums.
seinen Frühling der Poesie; einen gleichen hat es
nie mehr bekommen. Wir führen seine drei berühmtesten
Dichter an:
Dante Alighieri, geb. zu Florenz 1265, gest. 1321
zu Ravenna in der Verbannung, ist unbestritten der aus-
gezeichnetste von ihnen; manche halten ihn für den Ersten
aller Dichter. Er hat in seiner Jugend mit höchstem
Fleiße die alten Klassiker studirt. Sein berühmtestes
Dichtwerk führt den Titel: „Die göttliche Komödie."
Das ist ein Spiegel seiner ganzen Zeit. Er macht darin
eine dichterische Reise durch die Hölle, das Feg-
fener und den Himmel und sieht da die Leute, die
auf Erden gelebt haben, und wie ihnen jenseits vergolten
wird, je nachdem sie gelebt haben. Er erblickt besonders
viele Geistliche und selbst einen Papst in der Hölle. Er
züchtigt in diesem wunderbare» Gedichte die Sünden des
geistlichen Standes und namentlich des Papstthums ohne
Scheu. Es ist fürwahr sehr merkwürdig, wie auch die
besten der italischen Dichter des Mittelalters, gleich
den Deutschen, die Schäden der Kirche bereits tiefer, als
Andere, erkannten und sich der ewigen Wahrheit des
göttlichen Wortes zuneigten. So spricht in dem genann-
ten Werke der Geist seiner frühverklärten geliebten Bea-
trice, der ihn durch den Himmel führt: „Dort unten
(auf Erden) erkennt niemand, wie viel (Märtyrer-) Blut
es gekostet hat, die heil. Schrift in der Welt aus-
zubreiten, und wie nur derjenige Gott gefällt, der ihr
demüthig naht. Nur für den Schein strengt jeder sich
an und macht neue Fünde, die dann als Heilmittel
von ihm geboten werden, während da s Evangelium
v erb org en bleibt."
Franz Petrarca, geb. zu Arezzo 1304, gest. 1374,
hat sich wie Dante an den alten klassischen Schriftstellern
gebildet. Er dichtete in der reinsten und schönsten Sprache
und namentlich in der Form der Kanzone und Son-
ne tte (das sind Liederweisen) ungemein zarte Minne-
lieder. Er sang so gar süße, über alles melodische Lieder.