1. Bd. 1
- S. 113
1860 -
Calw Stuttgart
: Vereinsbuchh.
- Autor: Redenbacher, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
§ 1. Israel unter menschlichen Königen. 113
sam und dunkel war, daß menschlicher Verstand ihn nicht
entscheiden zu können schien. Der königliche Jüngling
ließ ein Schwert bringen und befahl, das Kind in zwei
Stücke zu hauen und jedem Weib eine Hälfte zu geben.
Hier entbrannte das Herz der wirklichen Mutter und sie
flehte: „Ach, gebt jener das Kind ganz und tödtet es
nicht!" während die Andere rief: „Es sei weder mein
noch dein; theilt es!" Da wußte Salomo, welche die
rechte Mutter sei, und sprach ihr das Kind zu. Und es
kam eine Furcht vor ibm über Israel.
Salomo, der nie Blut vergossen, war von Gott be-
rufen, Seinen Tempel zu bauen. Im vierten Jahr sei-
ner Regierung gieng er an's heilige Werk. Er baute
ihn auf der andern Höhe des Berges von Jerusalem,
welche Morija hieß. Aus Phönizien berief, aus Israel
wählte er kunstfertige Leute dazu, und die Menge des Volks
arbeitete unter ihnen. Immer mußten über 150,000 Men-
schen an der Arbeit seyn. Nach sieben Jahren stand der
Bau vollendet da, ein Wunder der Welt. Er bestand, nach
dem Grundriß der Stiftshütte, aus einem innern Haus,
welches in zwei Abtheilungen, das Heilige und das
Allerheiligste, geschieden war. Dieses innere Tempel-
haus war sechzig Ellen lang, zwanzig Ellen breit und
dreißig Ellen hoch. Rings um dasselbe zog sich in wei-
tem Umfange der Vorhof, welcher wiederum zwei Ab-
theilungen hatte, den Vorhof der Israeliten und den der
Heiden. Das ganze Gebäude war vom schönsten weißen
Marmor aufgeführt und inwendig auf's Köstlichste mit
Cedernbolz vertäfelt, mit Gold und andrem Schmucke ver-
ziert. Das eigentliche Tempelhaus war innen ganz mit
Gold überzogen, daß man rings in goldnen Spiegel
schaute. In dieses unvergleichliche Heiligthum ward nun
die Lade des Bundes gebracht, und Salomo weihte es
auf's Feierlichste zu seiner Bestimmung ein. Er knie'te
nieder im Vorhof und sprach vor allem Volk das erha-
bene Weihegebet 1 Kön. 8., und hielt sodann eine Rede
an's Volk, welche mit den Worten schloß: Euer Herz sei
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