1. Bd. 1
- S. 146
1860 -
Calw Stuttgart
: Vereinsbuchh.
- Autor: Redenbacher, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
146 Vii. Das persische Weltreich.
von dessen Reichthum an Gold, Elfenbein und Ebenholz
er Erstaunliches gebort hatte, in Besitz nehmen; allein
hier zeigte sich's, daß er doch nicht Alles vermochte.
Er entsendete 50,000 Mann gen Ammonium, und sie
wurden unterwegs von aufgestürmtem Wüstensande bedeckt,
daß nicht Einer den Gott mit dem Widderkopfe sah und
nicht Einer rückkehrend die staubige Kehle im klaren Nil-
wasser reinigte. Er selbst zog mit der Hauptmacht gen
Meroe, gerieth aber auch in so dürre Gegenden, daß das
Heer schrecklich von Hunger litt, ja daß man je den zehn-
ten Mann dnrch's Loos auswählen, schlackten und ver-
zehren mußte, wenn nicht alle Hungers sterben sollten.
Er mußte umwenden, ohne sein glänzendes Ziel erreicht
zu haben. Voll bittern Unmuths und wilden Grimmes
kam er mit seinem sehr gelichteten Heere nach Egypten
zurück. Worauf traf er dal Die Egypter feierten eben
ein hohes Freudenfest; nach langem Harren hatte sich
wieder ein Gott Apis gesunden, so ein ganz schwar-
zer Stier mit einem weißen Dreieck auf der Stirne; der
kündigte ihnen eine neue glückliche Zeit an, und sie führ-
ten ihn, mit Blumen bekränzt, unter unendlichen Jubel-
rufen in Prozession umher. Kambyses ward über diesen
Anblick ganz wüthend. Mit eigner Hand stieß er dem
Stiergott den Dolch in den Leib, daß er todt niedersank,
und durch das Schwert seiner Leute richtete er unter des-
sen Verehrern ein gräßliches Blutbad an.
Kambyses war ein entsetzlicher Mensch. Er ließ sei-
nen eigenen Bruder Smerdis auf einen leeren Verdacht
hin, als strebe er ihm nach der Krone, durch seinen Ver-
trauten Prexaspes beimlich ermorden. Er gab einmal
seiner schwängern Gemahlin einen Fußtritt, daß sie daran
starb. Zehn vornehme Perser ließ er unschuldigerweise
lebendig, mit dem Kopf nach unten, in die Erde vergra-
den. Einst fragte er seinen Prexaspcs, was die Perser
von ihm dächten? Dieser antwortete: „Sie ertheilen dir
das größte Lob; nur meinen sie, du seist dem Trünke
zu sehr ergeben." Kambyses: „Also glauben sie, ich sei