1. Bd. 1
- S. 167
1860 -
Calw Stuttgart
: Vereinsbuchh.
- Autor: Redenbacher, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
§ 3. Die zwei vornehmsten Staaten Griechenlands. 167
Bei diesem Belke entfaltete sich der menschliche Geist
am herrlichsten. Verstand und Witz, Kunst und Wissen-
schaft, so w eit die Kräfte der Natur reichen, kamen
hier in wunderbarem Glanze hervor. Aber es war doch
im Ganzen ein sehr leichtes lockeres Volk und ein sehr
eitles, ehrgeiziges, selbstsüchtiges Volk, und war im Hö-
hern blind wie die andern, ob es auch Einige ahnten
und sehnsüchtig zu ihm hinstrebten.
Das ganze Land Attika wurde schon von Thesens
(Iv. § 4.) zu Einem Staate vereinigt, dessen Hauptstadt
das unfern des Meeres gelegene, mit drei nahen Schiffs-
häven versehene Athen war. Es war aber nicht blos
die Hauptstadt im gewöhnlichen Sinne, sondern alle freien
Bewohner Attika's galten als Bürger dieser Einen Stadt.
Sie war Alles in Allem; daher wir auch hinfort nur
von den Athenern reden, ohne die anderen Bewohner
Attika's auszuschließen.
Hier herrschten von Theseus ab Könige, bis ans
Kodrus, welcher a. 1068 sich selbst in den Opfertod
gegeben babcn soll, weil ein Orakel ausgesprochen, es wür-
den, thäte er dieß, die vom Peloponnes heraufdringenden
Dorier Attika nicht erobern können. Haben's auch nicht
bekommen. Von da an schon war Attika ein Freistaat.
Es hatte aber der Adel, hier die Eupatriden ge-
nannt, die Macht einige Jahrhunderte lang; es bestand
also auch in Attika zuerst eine Aristokratie. Allein
die Aristokraten übten Zwang und Frevel aus; darüber
wurde der gemeine Mann aufgebracht und setzte sich wider
sie, und es folgten lange Unruhen und schwere Kämpfe.
Zuletzt trat eine völlige Anarchie (Gesetzlosigkeit, Unord-
nung und Zerrüttung) ein. Da flehten Alle den Solon
an, durch eine neue Gesetzgebung dem betrübten Zustand
der Dinge ein Ende zu machen.
Solon, den wir schon von Crösus aus kennen
(Vii. § 1.), ein Zeitgenosse des Propheten Daniel, der
Weise zngenannt, wird geschildert als ein Mann voll
Verstand und Würde, und obwohl er von vornehmem