1. Bd. 1
- S. 263
1860 -
Calw Stuttgart
: Vereinsbuchh.
- Autor: Redenbacher, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
§ 10. Alexander in Mitte seines Reichs u. seiner Herrlichkeit. 263
cedonier mit andern Perserinnen. Das war die
große Hochzeit zu Susa, 324. Die Hochzeitlader
liefen nach allen Himmelsgegenden hin, und von allen
Himmelsgegenden her liefen Theilnehmer und Zuschauer
zu dem fünftägigen Feste, das „mit einem aus Er-
ven noch nie gesehenen Glanze" begangen wurde.
Alexander wollte durch Heirathen und auf alle Weise
Macedonier und Perser, Morgenländer und
Abendländer mit einander verschmelzen, daß Hin-
sort nur Ein Volk in seinem Reiche sei. Aber der Erfolg
zeigte, daß es doch nicht recht ging, und daß nur das
Christenthum die Bestimmung und die Kraft habe,
alle Bewohner der Erde zu Einer Heerde zu verei-
nigen unter dem Einen himmlischen Hirten und
Könige.
Die Macedonier überhaupt, auch die meisten der Be-
theiligten, sahen im Grund ihres Herzens zu der großen
Hochzeit sehr sauer. Und daß Alexander immermehr die
asiatische Lebensweise annahm und dieß auch von ihnen
begehrte, daß er die in der macedonischen Kriegskunst ein-
geübten Perser unter sie hineinschaarte und gleicher Rechte
mit ihnen theilhaftig machte, daß er sogar persische Ge-
nerale über sie setzte und persische Große zu Kammer-
herren erkor, durch welche sie sich bei ihm anmelden und
vorführen lassen mußten, das alles steigerte ihre Unzu-
friedenheit hoch und ließ sie alle Wohlthaten vergessen,
die sie von ihm empfangen hatten.
Der innere Groll und Grimm kam zum Ausbruch,
als der König in guter Meinung die alten ausge-
dienten und zum Theil dienstunfähigen Solda-
ten in die Heimath entlassen wollte, nach der sie
sich doch am indischen Wasser Hyphasis so sehr gesehnt
hatten. Als er es erklärte, entstand ein gewaltiger Lärm
und völliger Aufruhr. Das ganze Heer der Macedonier
wollte jetzt entlasten seyn. „Alexander braucht uns nicht
mehr!" — schrieen sie — „wohlan denn, fort, alle fort!
Möge er sich mit seinen Barbaren behelfen!"