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1. Für einen einjährigen Unterricht in einer mittleren Klassen berechnet - S. 102

1861 - Hildburghausen : Nonne
102 Wasser getaucht, und kalte Bäder dienten das ganze Leben hindurch zur Stär- kung der Glieder. Ihr Kleid bestand aus Pelzwerk oder einem wollenen und leinenen Gewebe, das mit bunten Streifen geziert war. Das über den Rücken geworfene Fell oder Tuch hielt auf der Brust ein Dorn oder eine Nadel zusammen. Stets war ein großer Theil des Leibes unbedeckt und auch der Winter brachte sie nicht dahin, sich wärmer zu kleiden. Halb nackt liefen die Kinder umher und gewöhnten so frühzeitig die Haut an Nässe und Kälte. Gern streifte der Knabe mit dem Vater über Berg und Thal, um den reißenden Thieren des Waldes nachzujagen. Zum Jünglinge her- angereift, wurde er in der Volksversammlung mit Schild und Lanze wehrhaft gemacht. Das war der schönste Tag seines Lebens; denn von nun an war er Glied der Volksgemeinde. Auch waren Lauze und Mann damals gleichbe- deutend, wie wir noch jetzt unter Degen einen wackeren Helden verstehen. Die Römer nannten unsere Vorfahren Germanen, doch rechneten sie hierzu nicht bloß die Bewohner des jetzigen Deutschlands; sondern auch die Völker in dem heutigen Belgien, Holland, Dänemark, Norwegen, Schwe- den, Finnland, Liefland und Preußen, weil sie alle in Gestalt, Sitten und Sprache einen gemeinsamen Ursprung ankündigten. 2. Die Deutschen liebten das Leben in der freien Natur über Alles. Sie hatten daher weder Städte, noch zusammenhängende Dörfer. Weit zer- streut lagen ihre Hütten, die nur aus unbehauenen Baumstämmen aufge- führt, mit farbigem Lehm beworfen und mit einem Strohdach gedeckt wa- ren. Wo es gefiel, nahm man den Wohnplatz: am frischen Quell, im stil- len Hain, auf steiler Höh', im grünen Thal. Die Hütte stand in der Mitte der Feldmark, welche von einem schirmenden Gehege umschlossen war. Eine Anzahl solcher abgegrenzten Besitzungen nannte man einen Weiler, mehrere Weiler einen Gau. Jagd und Krieg waren der Germanen liebste Beschäftigungen. Die Betreibung des Ackerbaues und der Viehzucht überließen sie den Weibern und Knechten. Man konnte sie leichter dazu bringen, den Feind herauszu- fordern und Wunden zu holen, als die Erde zu pflügen und die Ernte zu erwarten; denn es schien ihnen unrühmlich, durch Schweiß zu erwerben, was man mit Blut gewinnen konnte. Neben diesem kriegerischen Sinne hatten sie unverkennbare Tugenden. Sie hielten auf Zucht und Ordnung, liebten ihr Vaterland und ehrten Treue und Keuschheit. Bei ihnen ver- mochten, sagt der römische Geschichtschreiber Tacitus (80 n. Chr.), gute Sitten mehr, als anderswo gute Gesetze. Den Frauen bewiesen sie beson- dere Hochachtung, und die Ehe war ihnen heilig. Mit dem vollendeten 20. Jahre trat der junge Mann aus der Vormundschaft des Vaters und durfte freien, d. h. durch Verheirathung selbstständig werden. Die Verlo- bung wurde im öffentlichen Mal, d. i. in der Volksversammlung gehalten; daher noch das Wort vermälen (vermählen). Nicht das Weib brachte dem Manne, sondern dieser dem Weibe die Mitgift dar. Dazu gehörte außer einem Rindergespann auch ein Schlachtroß, Schild und Waffe: eine Gabe, welche das Weib schon zeitig an die Gefahren des Krieges erinnern sollte. Kein Volk ehrte die Rechte der Gastfreundschaft höher, als die Deut- schen. Freundlich wurde jeder Fremde, wer cs auch war, in die Hütte aufgenommen und erquickt. War der Vorrath verzehrt, so wurde der, wel-
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