1861 -
Hildburghausen
: Nonne
- Autor: ,
- Hrsg.: Spiess, Moritz, Berlet, Bruno
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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3. Nun wandte sich Karl gegen den König August von Polen.
Laut erklärte er, diesen seiner Krone berauben zu wollen. Auch drängte
er ihn und seine Sachsen ans Livland und Kurland und zwang die Po-
len, sich in der Person des jungen Stanislaus Leszinsky einen an-
dern König zu wählen (1704). August floh nach Sachsen zurück, aber
auch dahin folgte ihm (1706) der nordische Alexander. Schrecken ergriff
die Einwohner bei dieser Nachricht, im Andenken an die Gräuel, welche
die Schweden während des 30jährigen Krieges in Sachsen verübt hatten.
Karl beruhigte das sächsische Volk und versprach volle Sicherheit, wenn
man sich ruhig verhalte und die auferlegte Kriegssteucr regelmäßig ent-
richte. Seine Mannszucht war in der That musterhaft. In bester Ord-
nung rückte er aus der Lausitz über Meißen und Leipzig nach dem Dorfe
Altranstädt^). Hier nahm er sein Hauptquartier, während ein Theil
seines Heeres in der Nähe von Dresden stehen blieb. Um die Schweden
los zu werden, bequemte sich August zum Frieden von Altranstädt (24.
Sept. 1706), in dem er auf die polnische Krone verzichtete, seinen Gegner
Leszinski anerkannte und allen Bündnissen gegen Schweden entsagte. Aber
trotz des Friedens blieb Karl bis zur nächsten Ernte in Sachsen stehen.
Erst nach Mitte August 1707 brach er nach Polens) auf, um von dort
aus den wieder mächtig gewordenen Zaaren Peter zu bekämpfen.
4. Zu Anfang des Jahres 1708 setzten die Schweden über die
Weichsel; im Juni passirten sie die Beresina und einige Monate später
den Dnie'pr. Jetzt standen sie auf russischem Boden, in der Nähe von
Smolensk. Karl hatte den Plan, geradewegs auf Moskau zu marschiren,
wandte sich aber plötzlich nach Süden, in die Steppen der Ukraine. Dies
geschah auf Veranlassung des Kosaken-Hetmann Mazeppa. Er hatte dem
Könige Lebensmittel in Ueberfluß und ein Kosakencorps von 30,000 Mann
versprochen und sich dafür die Befreiung von der russischen Oberherrschaft
ausbedungen. In der Ukraine fand Karl aber Alles anders, als er sich
gedacht hatte. Ungeheure Waldungen und wüste Strecken wechselten mit
Morästen und schlüpfrigem Boden. Ueberall fehlte es an Obdach und
Nahrungsmitteln; die Russen hatten die Häuser, die Vorräthe an Heu
und Stroh, selbst die Getreidefelder verbrannt. Mazeppa führte ihm statt
der verheißenen 30,000 nur 5000 Kosaken zu und brachte weder Geld
noch Lebensmittel mit. Die beständige Nässe, die schlechte Kost, die man-
gelhafte Bekleidung erzeugten Krankheiten und rafften Menschen und Thiere
dahin. Hierzu kam später eine furchtbare Kälte, die den Winter von 1708
aus 1709 so berühmt gemacht hat. In dieser Noth rieth der schwedische
Gcneralstab, selbst Mazeppa zu schneller Umkehr nach Polen. Karl aber
verschmähte den Rath; er wollte lieber Alles wagen, als etwas thun, was
einer Flucht ähnlich sähe. So ging denn der Zug weiter nach Pul-
tawa, der Hauptstadt der Ukraine. Noch Mancher fand bis dahin sein Grab.
Pultawa war fest und hatte eine russische Besatzung von 6000
Mann. Im April (1709) eröffnete Karl die Belagerung, hatte aber zu
*) Altranstädt, preußisches Dorf zwischen Leipzig und Merseburg.
2) Zn dem Lager bei Posen, wo Karl seinen Soldaten eine siebenwöchentlichc
Rast gönnte, ließ er den früher erwähnten Patkul, der als schwedischer Ueberläufer
ihm von Sachsen hatte ausgeliefert werden müssen, auf höchst grausame Weise hinrichten.