1861 -
Hildburghausen
: Nonne
- Autor: ,
- Hrsg.: Spiess, Moritz, Berlet, Bruno
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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sich, wer kann!" vom Schlachtfelde. Zu dieser Zeit begrüßten sich Blücher
und Wellington aus der Hohe von Belle-Alliance !). „Ich werde in
Bonaparte's gestrigem Nachtlager schlafen," sagte Wellington. „Und ich
will ihn aus seinem heutigen verjagen," entgegnete Blücher. Sofort gab
er Befehl, den letzten Hauch von Mann und Roß an die Verfolgung der
Franzosen zu setzen. Die Preußen vergaßen alle seit 4 Tagen überstan-
dene Strapatzen und verfolgten den Feind in mondheller Nacht mit sol-
chem Eifer, daß sie eine Menge Gefangene machten und den kaiserlichen
Wagen mit Napoleons Hut und Degen, sowie Mantel, Silberzeug und
Orden erbeuteten. Napoleon jagte in rastloser Eile nach Paris — um
der Herold seiner eignen Niederlage zu sein.
Am 7. Juli zogen die Verbündeten zum zweiten Male als Sieger
in Paris ein. Blücher führte diesmal das Kommando und erklärte einer
städtischen Deputation (Gesandtschaft), die um Verschonung mit Einquar-
tierungbat: „Die Franzosen haben Jahre lang in Berlin recht angenehm
logirt, kein Preuße soll sagen, daß ihn die Pariser nicht auch gut bewir-
thet hätten." Bald kehrte auch Ludwig Xviii. zurück und mit ihm wurde
(20. Novbr.) der zweite Pariser Friede geschlossen, der Frankreich auf
den Besitzstand von 1790 beschränkte. Außerdem mußte es 700,000,000
Franken (175,000,000 Thaler) Kriegskosten bezahlen und alle zusammen-
geraubten Kunstschätze wieder herausgeben. Napoleon wurde auf die Insel
St. Helena verbannt.
6. Blücher hatte schon am 31. Oktbr. 1815 von seinem Heere Ab-
schied genommen, da er sich von der Anstrengung des letzten Feldzuges
sehr angegriffen fühlte. Krank kehrte der greise Held über Aachen, Frank-
furt, Kassel, Braunschweig und Magdeburg nach Berlin zurück (21. Jan.
1816); aller Jubel, der ihm auf der Heimreise entgegenschallte, war ihm
mehr eine Last als eine Freude. Er erholte sich nie ganz wieder und
starb am 12. Septbr. 1819 auf seinem Gute Krieblowitz in Schlesien,
im 77sten Jahre seines Alters.
Blücher war von großer Gestalt und wohlgebildeten starken Gliedern.
Er besaß einen herrlichen, im Alter nur spärlich mit grauen Haaren be-
deckten Kopf, eine prächtige Stirn und eine stark gekrümmte Nase; seine
heftig rollenden Augen waren hellblau; sein feiner Mund wurde von einem
starken Schnurrbart überschattet. Muth und Kühnheit leuchteten aus sei-
nem ganzen Wesen hervor; ertrug das volle Gepräge eines Kriegshelden.
Von der großen Ehre, die man ihm zollte, wies er immer einen Theil
seinen wackern Kriegsgefährten, namentlich dem braven Gneisenau zu. Und
bei all seiner Husarenart zeigte er einen frommen, ächt christlichen Sinn.
Als man ihn einst in Karlsbad bei festlichem Mahle große Ehre wegen
Leipzig erweisen wollte, sprach er das schöne Wort: „Was ist's, das
ihr rühmt? Es war meine Verwegenheit, Schwarzenbergs
Besonnenheit und des großen Gottes Barmherzigkeit."
*) Belle-Alliancc, ein Vorwerk 3 St. südlich von Brüssel. Die Eng-
länder nennen die Schlacht nach dem Dorfe Waterloo.
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