1852 -
Weimar
: Albrecht
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
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nördlich davon bis an das Ende der beiden Gebirgsketten lag Mittel-
Aegypten mit der Hauptstadt Memphis, es zerfiel in sieben Bezirke
und wurde von den Griechen auch Heptanomis genannt; Unter-
Aegvpten mit der Hauptstadt Heliopolis, von den Griechen auch das
Delta genannt, weil dort die beiden äußersten Arme des Nils mit der
Meeresküste ein Dreieck bildeten, war der nördlichste Theil des Lan-
des bis an die Meeresküste. Die Alten kannten sieben Mündungen
des Nil, die östliche bei der Grenzfestung Pelusium, die westliche
bei Kanobus. Jetzt giebt es nur zwei Hauptmündungen, doch meh-
rere verbindende Kanäle.
In Ober-Aegypten war Theben, in der älteren Zeit die Haupt-
stadt des ganzen Reiches, die größte und berühmteste Stadt. Sie er-
streckte sich in einem Thalkessel vier Stunden weit an beiden Seiten
des Nils. Die ganze Ebene ist noch jetzt mit Trümmern angefüllt,
mit Ruinen von Tempeln, Säulengängen, Obelisken und Kolossen.
Die Reisenden können nicht Worte finden den gewaltigen Eindruck
dieser großartigen Ruinen zu schildern und erklären selbst, daß man
aus den Berichten der geschicktesten und genauesten Beobachter nur
eine höchst unvollkommene Anschauung erhalte. Zu den noch vor-
handenen Ucberresten gehören die großen auf der rechten Seite des
Nils liegenden, nach zwei auf ihnen stehenden Dörfern benannten
Tempel von Luxor und Karnak. Der Tempel von Luxor ist fünf-
hundert Fuß lang. Bon ihm führen über eine halbe Stunde weil
zu dem Tempel von Karnak förmliche Alleen von Sphinx-Statuen;
in einer dieser Alleen befanden sich 600 solcher Kolosse. In jener
Gegend liegen auch die Ruinen des Palastes von Karnak, dessen
Hauptsaal 318 Fuß lang und 159 Fuß breit ist und 234 Säulen
enthält. Die zwölf mittleren Säulen haben riesenmäßige Dimen-
sionen, sie messen vier und dreißig Fuß im Umfang und fünf und
sechzig Fuß in der Höhe, die Kapitäle vierund sechzig Fuß im Um-
fange. Auf der linken oder westlichen Seite des Niles liegen die
gleichfalls höchst großartigen Tempel- und Palast-Ruinen von Me-
dinet-Habu, sowie ein Feld, welches wegen der darauf befindlichen
theils aufrecht stehenden, theils umgestürzten und in Bruchstücken
umherliegenden kolossalen Bildsäulen die Region der Kolosse heißt.
Die beiden größten Kolosse haben eine Höhe von sechs und fünfzig
Fuß. Der eine derselben, welchen die Griechen für eine Statue des
Memnon, eines Sohnes der Aurora, hielten, war die Bildsäule
des ägyptischeu Königs Amenophis. Diese sogenannte Mcmnvns-
säule war wegen eines wunderbaren Tones, den sie beim Sonnen-
aufgang hören ließ, in der römischen Kaiserzeit sehr berühmt. Der
Schall wird mit dem Riß einer zerspringenden Saite verglichen,
und er wurde nur so lange gehört, als die Statue theilweis in
Trümmern lag. Denn als im Anfange des dritten Jahrhunderts
die Statue wieder hergestellt worden war, verstummte sie. Man
hat diesen Schall lange für einen Priesterbetrug gehalten, bis neuere
Reisende die Erfahrung gemacht haben, daß sich in den ägyptischen
Tempeln beim Sonnenaufgang ähnliche Töne vernehmen lassen, und
daß dieses Knistern von den Steinen ausgeht, welche bei schneller
Erwärmung ihren Aggregatzustand verändern. Die dem alten Un-
tertheile, welches stehen geblieben war, bei der Wiederherstellung