1852 -
Weimar
: Albrecht
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
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©emise Bil-
dung.
Die bildende
Kunst.
bot durch das ganze Reich. Die Aufforderung erging von dem
König au alle Nationen des Reiches, und es wurde in derselben
zugleich bestimmt, wie viel jedes Volk an Menschen, Pferden, Schif-
fen oder Lebensmitteln liefern sollte. Ein solches Aufgebot verur-
sachte eine Bewegung durch ganz Asien. Für alle Völker wurde
ein gemeinschaftlicher Sammelplatz bestimmt, der z. B. bei Serres
Zuge gegen Griechenland Cappadocien in Kleinasien war. Hier
stießen die Schaaren aus allen Provinzen des Reiches zusammen,
geführt von Anführern ihrer eigenen Nationen. Im Krieg selbst
aber behielten diese nickt die Leitung, sondern die Anführer wurden
aus den Persern genommen. So lange man sich noch auf persischem
Gebiete befand, wurde keine Ordnung des Zuges beobachtet, die
Menschen waren nicht einmal nach den Völkern abgetheilt; die Ein-
wohner der Länder, durch die man zog, wurden mit fortgetrie-
den und mußten sich dem Zuge anschließen. Erst wenn man sich
den feindlichen Grenzen näherte, erfolgte die Absonderung des Hee-
res nach Nationen. Sie war mit einer Musterung verbunden,
welche der König anstellte.
Von der geistigen Bildung der Perser haben wir gar keine
Nachrichten. Die Aerzte am persischen Hofe waren Aegypter und
Griechen, und im Kriege gebrauchte man stets Fremde zu den Ar-
beiten, welche wissenschaftliche Bildung verlangten, wie z. B. zu
dem Bau der Brücken über den Bosporus und die Donau. Auch
die astronomischen Kenntnisse der Chaldäer scheinen die Perser nicht
verstanden und benutzt zu haben. Denn als Darius auf seinem
Zuge gegen die Scythen den an der Donau zurückgelassenen Griechen
befehlen wollte, zwei Monate auf ihn zu warten, wußte er sich
keines anderen Kalenders zu bedienen als eines Riemens mit sechzig
Knoten, von welchen sie täglich einen lösen sollten.
Mehr Stoff haben wir zur Beurtheilung der bildenden Kunst
der Perser in den merkwürdigen Ueberresten großer Baudenkmale,
besonders in den berühmten Ruinen von Persepolis. Diese nennt
das Volk jetzt Tschil-Minar, d. h. die vierzig Säulen, nach einer
ungenauen Zählung der noch vorhandenen. Persepolis lag in der
Landschaft Persis, in einer schönen, fruchtbaren Gegend, wo das
Gebirgsland aufhört und die Ebene anfängt, so daß es selbst noch
den Fuß der Gebirge einnahm und gleichsam aus dem Gebirge her-
vorging. Die hohe felsige Bergkette, die aus dem schönsten grauen
Marmor besteht, öffnet sich hier etwas in der Gestalt eines halben
Mondes, dessen beide Arme den Hinteren Theil des Gebäudes noch
einschließen, während der vordere weit in die Ebene hervortritt.
Die ganze Anlage besteht aus drei Terrassen, von denen die eine
sich über die andere erhebt, und die Gebäude sind aus dem schwarz-
grauen Marmor der dahinter liegenden Bergkette erbaut. Die un-
geheuren Blöcke sind mit einer so bewundernswürdigen Kunst ohne
Kalk und Mörtel zusammengefügt, daß man oft kaum die Fugen
entdecken kann. Von den unteren Terrassen zu den höheren führen
Marmortreppen, die so breit und bequem sind, daß zehn Reiter
neben einander würden hinaufreiten können. Thorhallen, große