1852 -
Weimar
: Albrecht
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
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und sein Sohn Theodorus, erfanden den Erzguß; und auch Bau-
kunst und Malerei blühten in Samos. Auch die Wissenschaften wur-
den daselbst gepflegt, und in Samos war der Philosoph Pythago-
ras geboren. Bei dem beständigen Kampfe der Parteien warfen
sich öfters Tyrannen auf. Der berühmteste war Polykrates um
532 v. Chr., welcher mit solchem Glücke und solcher Energie regierte,
daß in kurzer Zeit Samos zu einer bedeutenden Macht emporwuchs
und sein Nus sich über ganz Jonien und Griechenland verbreitete.
Von einer Flotte von 100 Fünfruderern unterstützt nahm Polykra-
tes eine Menge Städte des Festlandes und viele Inseln weg; er
schloß Bündnisse mit Amasis von Aegypten und mit den Persern
und sammelte sich Schätze, um die Kosten für ein starkes Heer, eine
große Flotte und seine aufs prächtigste eingerichtete Hofhaltung be-
streiten zu können. Er führte prachtvolle Bauwerke auf, legte eine
Büchersammlung an, beschützte Kunst und Wissenschaft und lebte
namentlich mit dem Dichter Anakreon in dem vertrautesten Ver-
hältnisse. Trotz aller dieser Herrlichkeit ließ ihn aber das Gefühl
persönlicher Unsicherheit und das Mißtrauen gegen seine nächste Um-
gebung nicht zum frohen Lebensgenüsse kommen. Polykrates wurde
wegen seines großen Glückes, welches sich zuletzt schnell von ihm
wandte, oft als Beispiel angeführt. — Kolophon besaß eine große
Flotte und treffliche Reiterei und war einer der frühsten Sitze der
griechischen Philosophie. — Ephesus war besonders wegen eines
Tempels der Artemis berühmt, zu welchem man aus ganz Kleinasien
wallfahrtete. Diese Göttin war aber nicht die hellenische, als jung-
fräuliche Jägerin gedachte Artemis, sondern eine orientalische Göttin,
welche die unerschöpfliche Fruchtbarkeit der Natur bezeichnete. Als
der Tempel von Herostratus 356 v. Chr. in der Nacht, in welcher
Alexander geboren wurde, niedergebrannt war, wetteiferten alle klein-
asiatischen Griechen ihn noch herrlicher wieder aufzubauen, so daß
man ihn seitdem zu den sieben Wunderwerken der Welt rechnete.
Gegen den Anfang der christlichen Zeitrechnung wurde Ephesus die
erste Handelsstadt von Kleinasien. — Teos war der Geburtsort des
Dichters Anakreon und eine durch Handel blühende Stadt, bis die
Einwohner, um sich nicht dem Cyrus zu unterwerfen, größtentheils
auswanderten und Abdera gründeten. — Die Insel Chios mit der
gleichnamigen Hauptstadt war reich gesegnet mit wichtigen Produkten,
mit sehr berühmtem Wein, ausgezeichnetem Marmor, feiner- Erde
für Kunsttöpferei, dem besten Mastix-Harz und beliebten Feigen.
Daher nennt Thucydides die Chier die reichsten Griechen, und vita
Chía (bei Petron) bedeutet ein genußreiches, üppiges Leben. Auch
besaßen die Chier eine große Seemacht und begünstigten die geistige
Bildung.
Die drei ältesten Städte der Insel Rhodus, Lindus, Jalysus
und Kamirus, bildeten nebst Kos, Knidus und Halikarnassus die
dorische Hexapolis, deren Mittelpunkt der Tempel des triopischen
Apollo an der karischen Küste war. Ein schnelles Aufblühen dieser
Städte beweisen die frühzeitig in entlegene Gegenden des Westens
unternommenen Seefahrten und die dort gegründeten Kolonien. Zu
einer politischen Größe gelangten die Rhodier erst, als jene drei
Städte zu einem Bunde zusammentraten und vereint eine vierte