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1. Geschichte des Alterthums - S. 207

1852 - Weimar : Albrecht
201 Dazu trug auch der Uebergang des pelasgischen Naturdienstes zur Verehrung menschlich gestalteter Götter sehr viel bei. Die priester- lichen Sänger, welche als Lehrer des Volkes und Inhaber der gei- stigen Bildung ihrer Zeit geschildert werden, widmeten ihre Thätig- keit den Tempelsagen, die sich an den verschiedenen Orten und unter den verschiedenen Stämmen mannigfaltig gestalteten. Damit war dem Dichter der reichste Stoff zu immer neuen Schöpfungen geboten, indem die Hymuenpoesie, welche bisher die Macht und Herrlichkeit der Götter im allgemeinen besungen hatte, jetzt mehr und mehr einen epischen Inhalt bekam und bald das lyrische Element ganz ausschloß. Die ersten Keime des Epos lagen also in den Mythen von den Göttern, deren Geburt, Leben und Thaten man in Gesängen ver- herrlichte. Erst später begann die Poesie die durch körperliche und geistige Kraft hervorragenden Lenker der Volksmasse in Liedern zu preisen, und die Heroensage verband sich mit den Göttermytheu. Was die Dichter der mythischen Vorzeit von Göttern und Menschen gesungen haben, ist durch die höheren Bestrebungen der nächsten Jahr- hunderte wieder untergegangen. Von den Helden der vortroischen Zeit, welche die Gabe des Gesanges besaßen, wird Cheiron als ein gesangkundiger Lehrer der Weisheit und Gerechtigkeit erwähnt und ihm die Einführung der Grundsätze der Gerechtigkeit im Heldenalter, ferner die Satzungen der Opfer, des Eides und die anthropomor- phische Auffassung der Götter zugeschrieben. Pittheus, der Groß- vater des Theseus, welcher die kleine Stadt Trözene beherrschte, soll ein Vorgänger des Hefiodus im Lehrgedichte und in der Verbreitung ethischer Sprüche gewesen sein. Auch von der Rednergewalt des Adrastus und von der Spruchweisheit des Rhadamanthys berichtet die Sage. In der Odyssee erscheinen die heroischen Sänger bereits als ein besonderer Stand (Aoiden), welcher sich einer besonderen Auszeich- nung erfreut. Die Sänger erheitern und verschönern die Feste des Volkes und ergötzen die Schmausenden in den Wohnungen der Fürsten. Ihr Gesang preist die Götter und Menschen, und von Beiden wissen sie viele Thaten zum Entzücken der Zuhörer zu berichten. Der höchste Genuß war für die Helden ein Gastmahl, dessen Freuden durch die Lieder eines Sängers erhöht wurden. Auf Jthaka und unter den Phäaken singt der Sänger täglich an der fürstlichen Ta- fel; in Lacedämon erscheint er ebenfalls als geachteter Hausgenosse des Menelaus; und in Mycenä läßt Agamemnon einen Sänger zu- rück, um der Klytämnestra als Gesellschafter und Rathgeber zu die- nen. Die Helden selbst pflegen die Ton- und Gesangeskunst. Die Gesandten des Agamemnon finden den Achilles in seinem Zelte „wie er das Her^ mit den Tönen der klingenden Leier erfreut und Sie- gesthaten der Männer singt." Die Kunst des Gesanges wird als eine Gabe der Gottheit von der Muse, oder von Apollo, dem Füh- rer der Laute, oder von Zeus, dem Urheber aller geistigen Kraft im Menschen, abgeleitet. Die Dichter folgen dem Drange ihrer Begeisterung und singen meistens ihre kunstmäßig eingeübten Lieder, zuweilen ^geben sic aber auch den Bitten der Zuhörer nach und heben einzelne Theile aus ihrem Liederkreise hervor. Dies setzt eine große Kunstfertigkeit und Gewandtheit in der Anwendung der Form voraus, welche freilich der bescheidene Sinn der Hellenen wiederum als gött-
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